Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 27. und 28. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. Fünftes bis neuntes Buch. (27)

Bündniß von Hannover. 47 
So oft Georg 1 von England nach Hannover herüberkam, ver- 
anstaltete er, wenn es irgend möglich war, eine Zusammenkunft mit 
seiner Tochter und seinem Schwiegersohn. Zuweilen kam er nach 
Berlin, um die zunehmende Familie, seine Enkel zu sehen; öfter 
gingen König und Königin von Preußen nach Hannover oder nach 
jenem Jagdbezirk an den Grenzen der Altmark, wo große Eichen= und 
Buchenwaldungen die alten Confinien zwischen der sächsischen und der 
wendischen Nation bezeichnen, der Göhrde. Im Sommer 1725 war 
nun König Georg I, begleitet von dem englischen Minister Lord 
Townshend, einem Manne, der Feuer und Kühnheit mit Erfahrung 
und Gründlichkeit in den Geschäften verband, herübergekommen: 
Friedrich Wilhelm und Sophie Dorothea besuchten ihn; besonders in 
den Gärten von Herrenhausen, die damals für die schönsten der Welt 
erklärt worden sind, war man beisammen. 
Der englischen Politik kam es nun besonders zu Statten, daß 
die Königin von Preußen eine neue Verbindung beider Familien zu 
Stande zu bringen wünschte. Oft mag davon früher im Gespräch 
die Rede gewesen sein; festgesetzt war noch nichts darüber 1). Von 
ihrem Vater auf das zärtlichste aufgenommen hoffte die Königin jetzt 
ein festes Versprechen zu erlangen. Lord Towushend spricht in einem 
seiner Schreiben die Meinung aus, daß es damit keine Schwierigkeit 
haben werde. 
Zugleich brachte Townshend nun aber auch die öffentlichen An- 
gelegenheiten zur Sprache. Friedrich Wilhelm liebte eigentlich diese 
Art der Geschäftsführung nicht. Feurig und ungestüm wie er war, 
hat er öfter zu bereuen gehabt, in persönlichem Verkehr zu weit her- 
ausgegangen zu sein, zu viel gesagt zu haben: dagegen hat er auch 
ein ander Mal zu viel nachgegeben und sich mehr, als er später 
billigte, abgewinnen lassen. Was man aber selbst von sich fürchtet, 
das ist man eben darum auch wieder in Gefahr zu thun: auch dies- 
mal trat Friedrich Wilhelm persönlich in Unterhandlungen: Lord 
Townshend wußte seine ganze Seele zu bewegen. Die Ereignisse 
in Thorn, wo ein Tumult, der bei einer Jesuitenprocession entstan- 
den, von den Polen auf eine Art geahndet wurde, welche den durch 
1) Es ist ein Irrthum der Prinzessin Friederike Wilhelmine, wenn sie 
angiebt, daß schon zwei Jahre früher in einem zu Charlottenburg geschlossenen 
Vertrage über ihre Vermählung mit dem präsumtiven Thronerben von Eng- 
land ein Abkommen getroffen worden sei. Dieser Vertrag enthält, anch in 
seinen geheimen Artikeln, kein Wort davon.
	        
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