Präliminarien zu Breslau. 535
Podewils sehe, schreibt er demselben, so werde er ihn noch mehr über-
zeugen, daß er als Politiker und für das Wohl des Volkes, das er
regiere, nicht anders habe handeln können. Es ist, sagt er, ein großes
und glückliches Ereigniß, durch welches mein Haus in den Besitz einer
der blühendsten deutschen Landschaften gelangt, zum Beschluß eines
glorreichen Krieges. Man muß wissen, zur rechten Zeit inne zu hal-
ten; das Glück erzwingen wollen, heißt es verlieren; noch immer mehr
verlangen, ist das Mittel, niemals glücklich zu sein.
Nur einen großen Scrupel konnte der König hiebei sich selber
nicht verbergen; er fürchtete, man möchte es ihm als ein moralisches
Vergehen anrechnen, daß er, ohne Rücksicht auf seine Verbündetei,
einen besonderen Frieden schließe.
Eine alte Frage, oft verhandelt und immer aufs neue zur Sprache
gebracht, in wie fern es erlaubt sei, von geschlossenen Tractaten ab-
zuweichen.
Der größte König und der zurückgezogenste Philosoph des sieb-
zehnten Jahrhunderts, Ludwig XIV und Spinoza, haben sich beide
über sie vernehmen lassen.
Der Philosoph geht davon aus, daß die Staaten in fortwähren-
dem Naturzustand gegeneinander verharren, und trägt kein Bedenken,
zu behaupten, daß ein Bündniß nur so lange Kraft habe, als die
Ursache desselben, Furcht vor Schaden oder Hoffnung auf Gewinn,
bestehe: Niemand sei der Treulosigkeit anzuklagen, der einen geschlos-
senen Bund auflöse, sobald die eine oder die andere jener Ursachen
aufhöre, denn diese Bedingung sei beiden gleich gewesen 1). Es fragt
sich nur, ob ein Naturzustand dieser Art in Europa angenommen
werden kann, wo alle Staaten auf gemeinschaftlicher Grundlage be-
ruhen und zu einer großen Familie gehören.
Bei weitem feiner faßt Ludwig XIV die Frage an, bei Gelegen-
beit der damaligen Irrungen zwischen Frankreich und Spanien, als
einen der zartesten Punkte, welcher von einem Fürsten in Betracht
gezogen werden könne. Er meint, bei diesen beiden Reichen sei Eifer-
sucht und Feindschaft das wesentliche und fortdauernde Verhältniß;
durch Tractate könne demselben nie ein Ende gemacht, sondern nur
der äußerliche und öffentliche Friede erhalten werden: geheimen Bruch
derselben erwarte der eine Theil allezeit von dem andern; jeder ar-
1) Tractatus politicus von Spinoza, c. III § 14: Haec conditio uni-
cuique contrahentium ac qualis fait, ut scilicet auc primum extra metum
esse posset sui juris esset etc.