Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 27. und 28. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. Fünftes bis neuntes Buch. (27)

Präliminarien zu Breslau. 541 
Unendlich bitter war der Eindruck, den die Nachricht in Frank- 
reich machte. Bei aller Eifersucht, welche der Cardinal über den 
preußischen Ruhm empfand, hatte er doch die Schlacht von Chotusitz 
als eine Wirkung seines Glücksterns betrachtet, der ihm in den größ- 
ten Gefahren noch immer einen Ausweg gewiesen; die Nachricht von 
dem Frieden traf ihn wie ein Blitzstrahl. Er sah, daß die bourbo- 
nischen Häuser ihr Unternehmen nicht durchführen und den Englän- 
dern, denen sie die Flügel zu beschneiden gedachten, zuletzt würden 
nachgeben müssen. Der Gesandte Chambrier versicherte, die Eigenliebe 
Fleurys leide am meisten dadurch, daß ein Anderer geschickter gewesen 
sei als er selbst; bisher habe er sich allezeit für den feinsten Kopf in 
Europa gehalten. 
Dagegen erweckte die Nachricht eine unendliche Genugthuung bei 
den Seemächten. Der preußische Friedensschluß war das Ereigniß, 
in welchem alle die erwähnten Staatsmänner, Carteret und Stair, 
Robinson und Hyndford das Heil von Europa erblickten, welches 
König Georg II ganz zu seiner eigenen Sache gemacht hatte; sie hoff- 
ten, daß die Begebenheiten im Laufe der Zeiten noch weiter führen 
würden. Man war von ganzem Herzen bereit, dem König von Preußen 
den Besitz von Schlesien unverzüglich zu garantiren. 
Im Haag hätte die Freude nicht größer sein können, wenn der 
Republik selbst ein Glücksfall begegnet wäre. Wer sich einigermaßen 
dazu berechtigt glaubte, machte dem preußischen Gesandten einen Be- 
such, um ihn zu beglückwünschen; das Volk bezeigte seine Theilnahme 
mit öffentlichen Festlichkeiten. Der Name des Königs von Preußen 
und der Königin von Ungarn wurden hier beisammen genannt; man 
brachte ihnen vereinigte Vivats; den Franzosen, die man fürchtete 
und haßte, ein heftiges Pereat. 
Ich denke nicht, daß Friedrich Vergnügen hierüber empfunden 
hat; er mußte inne werden, daß man hier noch ganz andere Erwar= 
tungen hegte, als welche er zu erfüllen geneigt sein konnte. 
Wie viel besser wäre es auch für ihn gewesen, wenn er einen 
allgemeinen Frieden hätte durchsetzen, wenigstens die Stellung Carl 
Alberts in Deutschland und Baiern bätte befestigen können! Sonst 
waren neue Stürme zu erwarten, schon jene Bezeigungen kündigten 
sie an. Wir werden sehen, wie sie nach einiger Zeit ausbrachen, und 
Alles, was man that und war und wvollte, sich noch einmal in einem 
Kampfe auf Leben und Tod erproben mußte. 
Zunächst fassen wir noch die Bestimmungen, die bei dem Frieden 
getroffen wurden, und die territorialen Verhältnisse überhaupt ins Auge.
	        
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