Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 27. und 28. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. Fünftes bis neuntes Buch. (27)

544 Neuntes Buch. Biertes Capitel. 
französische sowohl als der sächsische Hof in einem ganz andern Sinne 
in Wien angeknüpft habe, aufmerksam, welche durch eine längere Ver- 
zögerung des endlichen Abschlusses unterstützt werden würden. 
Hierauf entschloß sich Friedrich, am 27. Juli 1742, die Be- 
dingungen des definitiven Friedens, wie sie nunmehr festgesetzt waren, 
anzunehmen. 
Nachdem die Ratificationen ausgewechselt worden, schritt man zu 
einer genaueren Bestimmung der Grenzen nack eben diesen Festsetzungen. 
In einer Heuscheuer bei Rudoltowitz an der obern Weichsel beim 
Einfluß der Biela wechselten die Commissarien der beiden. Theile ihre 
Vollmachten aus; hier auf den Grenzen der Herrschaft Pleß gegen 
Teschen, bei einer alleinstehenden Eiche, setzte man den ersten preußi- 
schen Markstein. Von der Weichsel zog man die Grenze zwischen den 
zahlreichen Teichen, die hier das hohe Land erfüllen, auf den Feld- 
marken der Dörfer, wo dann die Austräge zwischen der teschenschen 
Kammer und den benachbarten Gutsbesitzern zum Anhalt dienten, 
nach dem Flußgebiete der Oder, das man mit dem einunddreißigsten 
Grenzsteine erreichte. Hierauf folgte man dem kleineren Flusse Pe- 
trowka bis zur Olse, dieser bis zur Oder, dem breiten und seichten 
Laufe der obern Oder bis wo sie die Oppa aufnimmt, die alsdann 
zur Grenze diente bis zu jenen Bächen zweifelhafter Benennung bei 
Jägerndorf; die hergebrachten natürlichen Verhältnisse des Landes, in 
welchem sich die Ansiedelung eben um die Gewässer her gebildet hatte, 
wurden hier oft in der Mitte durchschnitten. Leichter ward die Ar- 
beit bei den großen mährischen Enclaven, deren Grenzen gegen Schle- 
sien man nur zu erneuern hatte; in der Nähe der Bischofskoppe, auf 
einer steil emporsteigenden Bergspitze, nach deren Schatten die Land- 
leute den Stand der Sonne berechneten, ward die einhundertzehnte 
Säule errichtet. Bei der weiteren Grenzscheidung nach dem Glatzischen 
hin war es maßgebend, daß Zukmantel, Weidenau und Jauernik 
österreichisch blieben. Für die genauere Auseinandersetzung rief man 
die Gutsbesitzer, Richter, Bauern zu Hülfe; zuweilen haben die Zeu- 
gen ihre Aussagen vor einem Crucifix, das zwischen zwei brennenden 
Wachskerzen aufgestellt ward, beschwören müssen. So kam die Grenz- 
scheidung zu Stande, nach 20 Tagen angestrengter und geschickter 
Arbeit; die Regierungen säumten nicht, den entworfenen Receß zu 
bestätigen 1). 
1) Schlesischer Gräutz-Recess, wie solcher von Ihrer K. M. in Preußen 
und der Königin von Ungarn und Böheim Mojestät Allerhöchst hiezu ernannten
	        
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