Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 27. und 28. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. Fünftes bis neuntes Buch. (27)

554 Neuntes Buch. Fünftes Capitel. 
Gefühl, daß man hier von vorn anfange, und wollte zugleich das 
System verbessern. Die Provinz ward nicht der allgemeinen Leitung 
des Generaldirectoriums unterworfen; schon im März 1742 ward 
Münchow zum Präsidenten wie der Glogauer so auch der Breslauer 
Kammer, also zum Vorstand der gesammten schlesischen Verwaltung 
und zugleich zum. Staatsminister ernannt; kein anderer Wille als der 
des Königs und des Ministers hatte in die neue Organisation ein- 
zugreifen. 
Ludwig Wilhelm von Münchow war der Sohn jenes Kammer- 
präsidenten von Cüstrin, dem Friedrich bei seinem dortigen Aufent- 
halt mancherlei Erkenntlichkeiten schuldig geworden war, den er wohl 
als seinen Wohlthäter bezeichnet hat; es machte ihm Vergnügen, den 
Sohn desselben zu befördern; aber dieser selber zeigte sich dessen auch 
vollkommen würdig. Er hatte mit dem König die nämlichen national= 
ökonomischen Grundsätze, wie sie dort in jener Cüstriner Schule sich 
ausgebildet, verstand seine Absichten und ging mit voller Hingebung 
darauf ein; für die praktische Verwaltung zeigte er zwei gleich un- 
entbehrliche Eigenschaften: Umsicht und Energie. 
Man begann mit einer Bestimmung des zunächst von Nieder- 
schlesien allein zu Leistenden. Eine Durchschnittssumme dessen, was 
die Provinz bisher aufgebracht hatte, ward festgesetzt, davon abge- 
zogen, was sich von den Domänengefällen erwarten ließ, und das 
Uebrige, was durch Steuern und Accise bisher eingekommen, zwischen 
Land und Stadt vertheilt, so daß den Städten nur die Accise, dem 
Lande nur die Contribution zur Last falle 1) Der König fand, daß 
die Summe zu seinem Kriegsstaat hinreichen werde, wofern man sie 
nur eben hauptsächlich zu diesem anwende. Nach den ersten Ver- 
suchen, denn Anfangs hatte man gezweifelt, erklärte Münchow, daß. 
die Sache gehen werde 2), obwohl, da die bisherigen Rechnungen und 
1) Die Durchschnittssumme betrug 1,856,219 Thlr.; davon die Domänen 
307,612 Thlr., die Landsleuer 1,181,044 Thlr., das Uebrige die Accisen. Die 
Summe der Stener betrug in Glogau 650,000 Thlr.; davon wurden auf das 
Land 515,812, auf die Städte 134,108 Thlr. geschlagen. 
2) Münchow an den König, 15. Jan. 1742: „Ich würde gewiß mich 
nicht unterstehen, dieses so positiv zu avanciren, wenn ich nicht vollkommene 
Gewißheit davon hätte.“ Er hält nur noch für nöthig, „daß weder Arbeiter- 
fuhren zu denen Fortifications noch sonst etwas vom Lande ohne E. K. M. 
Specialordre und Anweisung zur Vergütigung auf die Obersteuercasse ge- 
nommen und dadurch also alle Abrechnungen vermieden werden“. Der König 
unterzeichnete ein großes „Guht“.
	        
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