Einrichtung der preußischen Regierung in Schlesien. 563
Fortificationen von Neiße, Cosel, Glatz eine unausgesetzte Aufmerk-
samkeit. Münchow berichtet, das Cantonwesen nehme einen guten
Fortgang, schon komme der Landbewohner, selbst in Oberschlesien, den
Regimentern gegen die Desertirenden zu Hülfe; die angefangenen Ca-
sernen und Magazine zu Breslau, Brieg, Schweidnitz werden bald
unter Dach sein; er denkt eine Reise nach Oberschlesien zu machen,
um nach dem Wunsche des Königs eine Landmiliz einzurichten. Man
trug Sorge, die Excesse der Soldaten, welche die frühere Vorliebe
für dieselben sehr geschwächt hatten, zu verhüten.
In alten Zeiten war die Eroberung zugleich Unterwerfung; in
neueren Zeiten ist sie Vereinigung, Anschließen; sie mußte es beson-
ders hier sein, wo das Erbrecht den Grund und ersten Anlaß der
Erwerbung ausmachte: Schlesien mußte mit den übrigen Provinzen
zu Einem Ganzen zusammenwachsen.
Eine Schwierigkeit bot es jedoch dar, welche in andern Pro-
vinzen wohl auch vorgekommen war, aber in viel geringerem Um-
fange, und welche hier die große Lebensfrage bildete: die Verschieden-
heit der Religion.
Wir haben gesehen, wie von allen Uebelständen der österreichischen
Verwaltung der größte in der Bevorzugung der Katholiken und dem
Drucke der protestantischen Bevölkerung lag, wie gerade das Miß-
vergnügen und die Besorgniß derselben zu den Siegen des Königs
von Preußen mächtig beitrug. Nach der Besitznahme hätte die Frage
entstehen können, ob nun nicht die protestantische Kirche zur herrschen-
den in Schlesien erhoben werden solle.
Dazu aber reichte, um das einfachste Moment anzuführen, der
Vortheil, den man erfochten, doch an sich nicht hin. Man hätte da-
durch die ganze katholische Welt in Aufregung gebracht, der Gefahren
zu geschweigen, welche im Innern entstanden wären 1). Ueberdies
aber, die Gesinnung des Königs Friedrich war fern davon.
Schon in den Präliminarien hatte er die Aufrechterhaltung des
Status quo der katholischen Kirche nicht weniger als die der Besitz-
thümer und der Gerechtsame der Einwohner bewilligt, jedoch mit dem
Vorbehalt der Rechte der Souveränetät. Bei dem definitiven Frieden
wünschte nun die Königin diese Rechte in beiderlei Beziehung näher
zu bestimmen: sie schlug eine Clausel vor, die dieselben in weltlichen
und geistlichen Dingen beschränkt hätte.
1) Ludewig: catholica religio in tuto etc. macht mit vielem Nachdruck
und Geschick darauf aufmerksam, besonders § 6: „nulla catbolicorum grava-
mina contra Borussiac regem.“ Abgedruckt bei Haymann I, 861.
36