Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 27. und 28. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. Fünftes bis neuntes Buch. (27)

564 Neuntes Buch. Fünftes Capitel. 
Was die ersten anbelangt, so verwarf dies der König unbedingt, 
nicht als denke er seinen Unterthanen beschwerlich zu fallen, sondern 
weil er ihnen keinen Anlaß zum Widerstand geben wolle. Die Ein- 
richtung der Provinz, in der er eben begriffen war, würde er als- 
dann nicht haben vollenden können, ein unauflöslicher Zusammenhang 
zwischen dem Wiener Hofe und der Provinz hätte sich gebildet. In 
Bezug auf die Religion dagegen gab Friedrich ohne Schwierigkeit 
nach und ließ sich die Beschränkung der freien Souveränetät, die in 
jener Clausel lag, wirklich gefallen ½. 
Das war nun dabei die Meinung des österreichischen Hofes wohl 
nicht, jede kleine Veränderung in untergeordneten Verhältnissen zu 
verhindern: er wollte nur im Allgemeinen nicht zugestehen, daß auf 
den Grund des Souveränetätsbegriffs die katholische Religion bedrängt 
würde. Es hätte ja ein Reformationsrecht gegen die Katholiken aus- 
geübt, der ganze äußere Bestand der Kirche zweifelhaft gemacht wer- 
den können. 
Allein Friedrich verstand die Worte ganz wie sie lauteten und 
hielt auf das Strengste darüber, obwohl die evangelische Bevökerung 
davon doch wieder sehr hart berührt wurde. Von allen den Hun- 
derten von Kirchen, welche ihr entrissen worden, bekam sie keine ein- 
zige zurück, auch nicht da, wo sie noch immer vorherrschend war. 
Dem König Friedrich lag Alles daran, den Hader zweier reli- 
giöser Parteien, die über das Mein und Dein so oft miteinander 
gekämpft hatten, nicht wieder zu erneuern; er hatte doch erst den 
Wahn abzuwehren, als werde von Preußen eine große protestantische 
Reaction ausgehen. 
Es schien ihm genug, wie denn auch nur eben dies in dem 
Frieden gesagt wird, daß er den Protestanten Gewissensfreiheit im 
vollsten Umfange verschaffte. Sie hingen nicht mehr von katholischen 
Consistorien ab; aller den Gottesdienst betreffenden Beschränkungen 
wurden sie entledigt. Bald kamen wieder Uebertritte zu ihrem Be- 
kenntnisse vor, obwohl die Regierung sich hütete, sie zu begünstigen. 
1) So faßte es Podewils aus den Unterhandlungen auf: Le passage 
est desiré par la cour de Vienne dans la crainte ou elle est, que par 
les mots du droit du sourerain V. N. ne se croie avec les tems autorisé 
(Tanéamtir et de T’éluder tout ce, qu'’elle a promis cy dessus en faveur 
de la religion catholique et des habitants de la Silésie. Hyndford sagt: 
du'on a nullement envie à Vienne de prescrire A V. N. de quelle facon 
elle doit gouverner ses nouveauzx sujets.
	        
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