Einrichtung der preußischen Regierung in Schlesien. 565
So wie man sah, daß die alten Kirchen und ihr Vermögen nicht
zurückgegeben werden sollten, legte jede Gemeinde, die irgend dazu
Kräfte hatte, Hand an, sich einen steinernen Tempel zu bauen und
einen Pfarrer zu besolden; in kurzem sind 200 neue Bethäuser ent-
standen, die doch erst später den Namen Kirchen erhielten.
Der Gegensatz der alten und neuen Verhältnisse tritt unter an-
dern in einer Rede hervor, mit welcher Cocceji die Oberamtsregierung
(d. i. das Justizcollegium) in Breslau am 1. Februar 1742 eröffnete.
Er setzte den Zweck derselben nicht allein in die Handhabung der Ge-
rechtigkeit, welche das äußerliche Band sei, das die menschliche Ge-
sellschaft durch die Furcht vor zeitlicher Strafe zusammenhalte, son-
dern auch in die Erhaltung des innerlichen Bandes, der Religion,
nämlich in wie fern ein jeder nach den Prinzipien seines Glaubens
behandelt und dadurch die Gemüther der Unterthanen miteinander
vereinigt werden sollten.
Eben bei der Gerechtigkeitspflege war bisher ein widerwärtiger
Unterschied zwischen den beiden Religionsparteien zum Vorschein ge-
kommen; von diesem vor allem sollte nicht mehr die Rede sein. Den
königlichen Behörden ward zur besondern Pflicht gemacht, die Katho-
liken bei ihrer Religion zu schützen.
Nun liegt freilich am Tage, daß hiemit bei weitem nicht alle
Schwierigkeiten dieser Verhältnisse erledigt waren: der Gegensatz zwi-
schen Staat und Kirche, welcher in der Natur der Dinge liegt, mußte
hervortreten, und er bekam hier eine neue Bedeutung, da der Fürst
der protestantischen Confession angehörte, dem die katholische Kirche
die Rechte, die sie den Anhängern der eigenen zuerkennt, zu übertragen
Bedenken trägt; es hat ein großes Interesse, wie Friedrich diese Ver-
hältnisse ansah und behandelte; davon sei uns jedoch erlaubt erst
dann zu sprechen, wenn wir von dem Ganzen des Staates, wie er
nunmehr wurde, einen Begriff aufzustellen versuchen. Wo die Gegen-
sätze der Prinzipien sich nicht ausgleichen lassen, gewährt es schon
einen Vortheil, wenn wenigstens der Widerstreit im Leben vermieden
wird. Wer die Verwaltung der Provinz ansah, mußte gestehen, daß
es hier mit der Duldung der verschiedenen Parteien ein Ernst war.
Dieser Staat in seiner militärisch-finanziellen Organisation, an die
sich nun auch diese Provinz anschloß, hatte überhaupt nicht den streng
tirchlichen Charakter der Staaten der früheren Zeit; als einer der
allgemeinsten Gedanken erhob sich in ihm das Prinzip der religiösen
Toleranz, das der Fürst vermöge seiner ganzen Bildung und Sinnes-
weise zu seinem eigenen gemacht hatte. Um die Bedeutung der Sache