Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 27. und 28. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. Fünftes bis neuntes Buch. (27)

598 Analekten. 
Auffallend ist, daß Pufendorf die Verdammung des Herzogs von Lothringen 
durch das Parlament von Metz aussprechen läßt, worauf der König am 9. Au- 
gust 16.33 in Lothringen eingerückt sei. Dies Parlament ist jedoch erst am 
26. August eingerichtet worden. 
Chemnit sagt allerdings: der König habe am 30. Juli zu Metz eine 
Sentenz gegen den Herzog aussprechen lassen, aber ich denle, das ist ein Fehler 
von Chemnitz. Am 30. Juli hat das Parlament zu Paris eine Verdammung 
über den Herzog von Lothringen in Bezug auf Bar aussprechen lassen, für welches 
der Herzog ein Vasall von Frankreich war. Que ce duché serait saisi au pro- 
fit du roi et ensuite réuni à la couronne ef. Aubéry 1I, 374. Ein anderes Mal 
führt Pusendorf als die Ursache des schlechten Erfolges einer deutschen Gesandt- 
schaft in Frankreich an: Quod Richclius res Suecorum difficultatibus implica- 
bat, ut ordines pDaullatim ad Gallicam tutelam implorandam compellerentur. 
Chemnitz weiß nur von Einwirkungen der Römisch-Katholischen. Pufendorf 
faßte die Sache zugleich unter den Eindrücken seiner Zeit. Es giebt ein Ge- 
fühl des Augenblickes und der obwaltenden Umstände, welches die Autoren 
unwillkürlich beherrscht. In Pufendorf bemerken wir Anschauungen, welche 
denen des Dreißigjährigen Krieges fern liegen. 
Verweilen wir hier noch einmal bei dem historisch wichtigen Moment der 
ersten Festsetzung der Franzosen im Elsaß. Es war, wie man weiß, der Graf 
Hermann Adolf von Salm, Dechant und Administrator des Bisthums Straß- 
burg, Gouverneur von Zabern, der, indem er von dem Rheingrafen Otto 
Ludwig zurückgeworfen, in Gesahr gerieth, demselben die Veste Hohbar auf- 
geben zu müssen, es vorzog, sie den Franzosen zu überliefern. Pufendorf fagt 
davon (de reb. Succ. p. 142) Salmensis in Gallos quam Suecos pronior, 
an ut inter hos dissidiorum semen spargeret. Das Erste ist ohne Zweifel 
richtig, die Thatsache beweist es, aber das Andere ein Gedanke, der aus der 
zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts in die erste übertragen wurde. Chemnit 
giebt die Motive einfacher an, „weil die Noth an Mann gangen und er die 
Festung den Frangosen lieber als den Schwedischen und Evangelischen gönnen 
wollen“. Aber auch Chemnitz kannte die Sache nicht von Grund aus. Der 
Graf von Salm hatte einen förmlichen Vertrag mit dem französischen Befehls- 
haber de La Force geschlossen, nach welchem auch Hagenau und Zabern an 
den König von Frankreich überliefert werden sollten. In diesem Vertrage nun, 
der sich in den Memoiren von Richelien findet (8, 55), lernt man auch das 
Motiv kennen. Es heißt darin: „pour y conserver la religion catholique, 
le comte de Salm n’'ayant point de forces sufhsantes pour cet effet“. 
Unleugbar ist es demnach, daß der religiöse Zwiespalt, wie bei den Eroberungen 
der drei Bisthlmer, so auch bei der ersten Festsetzung der Franzosen im Elsaß 
entscheidenden Einsluß ausgeübt hat. In der Instruttion, welche La Force auf 
die Meldung dieser Ereignisse aus Chantilly am 10. Februar erhielt, wird er 
ermahnt, gute Mannszucht zu halten, hauptsächlich „que l'on donne sujet 
aux Catholiques voisins de se louer de ses troupes par le bon traite- 
ment quils en recerront“. Aus diesem Actenstück sieht man auch, daß die 
Absicht der Franzosen sogleich darauf gerichtet war, sich Breisachs zu bemäch- 
tigen. Dem Grafen Salm soll gesagt werden, daß es von den Schweden zu- 
nächst angegriffen werden würde. Die Kaiserlichen würden es nicht behaupten
	        
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