Fehrbelliner Schlacht. 605
In der Erzählung von dem weiteren Marsche und der Schlacht findet
sich in den Ausgaben der Memoires de Brandenbourg mancherlei Verschieden-
heit. Kleine Modificationen der Darstellung treten ein. So, wenn es in der
Ausgabe von 1758 heißt: Frédéric Guillaume profita d’'une Butte de sable
pour y placer une Batterie, dont l’effet fut merveilleux. L'armée Suédoise
commençant à flotter il fondit en meme tems avec toute sa Cavalerie.
In der Ausgabe von 1767 dagegen, aus der die neue akademische Aus-
gabe (S. 75) genommen ist, heißt es: II profita d'un tertre pour y placer
sa batterie; il en fit faire quelques decharges sur les ennemis. D'’in-
fanterie suédoise en fut ébranlée; et lorsqu’il vit qu’elle commençeit à
flotter, il fondit avec toute sa cavalerie. Der Grund der Veränderung
liegt wohl dorin, daß der Ausdruck effet merveilleux dem König zu stark zu
sein schien, wie er es denn war. Die spätere Fassung ist hier richtiger.
Eine bedeutende Reslexion fehlt in der früheren, aber in Bezug auf die
Thatsachen findet sich in der zweiten Bearbeitung kein Zusatz, ausgenommen
den einen von dem Wechsel des Reitpferdes mit dem Stallmeister Froben,
dessen Treue und seinem Tode. Die Worte: il est digne de la majesté de
T’histoire bis: il sauva# par sa mort la vie de D’Electeur fehlen in der
ersten Ausgabe.
Woher stammt nun die Erzählung, welche Friedrich nachträglich einzu-
schalten sich entschloß? Sie erscheint zuerst in einer an sich wenig bedeutenden
und nur handschriftlich vorhandenen Lebensbeschreibung des großen Kurfürsten
von Gundling. Ausführlich erzählt sie Pöllnitz in seinen Reisebriefen vom
Jahre 1729 bei Gelegenheit einer Durchreise von Fehrbellin. Es könnte
scheinen, als sei es eine Localsage, die sich dort gebildet habe. Pölluitz hat
sie auch in seinen Memoiren wiederholt, nicht ganz identisch, aber doch in der
Hauptsache. Eine gewisse Aehnlichkeit hat die Erzählung Friedrichs mit Pöll-
nitz. Doch möchte ich nicht sagen, daß er sie aus demselben herübergenommen
habe. Er hat den eigenthümlichen Zusatz, Froben habe angegeben, das Pferd
des Kurfünsten sei scheu, was in den anderen Darstellungen sich nicht findet.
Hat er aber nicht überhaupt die Memoiren von Pöllnitz in seiner Er-
zählung benutzt? Ich glaube nicht, daß das angenommen werden darf. Gerade
hier, wo sich beide Ausgaben unterscheiden, zeigt sich, daß Pöllnitz die erste
überall zu Grunde gelegt hat, z. B. lautet die oben angeführte: ce prince
Placa sur une butte de sable une batterie qui avait tant de succès que
les Suédois furent obligés de céder le terrain pour M'èetre pas foudroyés.
L'Electeur profitant de leur mouvement, fondit sur leur droite, qu’il
battit entierement. Pöllnitz verfuhr mit dem Werke Friedrichs, das ihm be-
reits wenigstens zum Theil vorlag, ungefähr ebenso wic mit Manvillon und
la Martinière in der Geschichte Friedrich Wilhelms 1
Auf dies alles lkommt es jedoch wenig an; die Hauptfrage ist, ob die
ganze Erzählung als glaubwürdig betrachtet werden darf. Das Ereigniß wird
in den einzig glaubwürdigen Aufzeichnungen Buche allerdings erwähnt; es ist
gewiß, daß Froben zur Seite des Kurfürsten von einer Kugel getroffen wurde.
Es geschah aber nicht im Getümmel der Schlacht, wie man annimmt, sondern
bei der Verfolgung des Feindes nach der eigentlichen Schlacht. Nous aurions,
heißt es in dem Journal des Kammerjunkers von Buch unter dem 18. Juni 1675,