Vertrag zu Wusterhausen. 57
der Mittagstafel, oder des Abends bei Tabak und Bier. Das hatte
um so mehr zu bedeuten, da Seckendorf bei allem Anschein von Treu-
herzigkeit und Hingebung doch vor allem nach dem Lobe trachtete, das
ihm Eugen beilegt, ein geschickter Negotiateur zu sein. Ich weiß nicht,
ob eine Stellung, wie die seine, wobei man zwei entgegengesetzten
Parteien gerecht zu werden genöthigt ist, nicht eine allzu große Versa-
tilität nothwendig macht, und ob sie mit innerer Wahrhaftigkeit be-
stehen kann. Seckendorf erscheint in den zahlreichen Briefen, die von ihm
übrig sind, vielleicht nicht als ein Anspinner von Ränken und Hinter-
list; aber er sieht deren überall, sucht sich nicht allein vor ihnen zu
hüten, sondern auch wohl, sich ihrer zu bedienen; so viel möglich unter
anderem Schein geht er immer auf sein Ziel los, mit zäher Bedacht-
samkeit, weitschweisig und gewandt. Er ist eine Figur, die uns noch
manchmal begegnen wird. ’
Damals war es keineswegs Zufall, daß er an den Ufern der
Spree einherging.
In Wien fühlte man wohl, welche Unannehmlichkeit, ja Gefahr
daraus entspringen würde, wenn es jemals zum Bruch mit Preußen
komme.
Friedrich Wilhelm war viel zu einfach und offen, um durch den
Anschein von Feindseligkeit etwas erreichen zu wollen; verstimmt und
gereizt, weil er sich gemißhandelt glaubte, ergriff er natürlicher Weise
jene drohende Stellung; aber damit brachte er doch die Wirkung her-
vor, daß man in Wien mehr Rücksicht auf ihn nahm, als bisher.
War es bei dem Vertrag mit Spanien jemals auf eine große katho-
lische Combination abgesehen gewesen, so zeigte sich in Kurzem, daß
diese nicht ausführbar sei; unter andern stieß man bei dem König
von Polen auf größere Schwierigkeiten, als man erwartete. Aus
beiden Gründen beschloß der Wiener Hof, sich dem König von Preußen
zu nähern. Schon im Januar 1726 machte er demselben freund-
schaftliche Eröffnungen, pries ihn, daß er in der Sache von Ostende
so gute und patriotische Gesinnungen kundgegeben. Jetzt war Secken-
dorf, der sich gerade auf seinem Gut Meuselwitz aufhielt, von Prinz
Eugen beauftragt worden, nach Berlin zu gehen, und dem König zu
hinterbringen, daß es nur von ihm abhänge, ob er mit dem Kaiser
in guter Freundschaft und Einigkeit stehen wolle7).
General Seckendorf hatte das Glück, daß der Fürst, an den er
1) 5. Mai 1726. Bei Förster, Friedrich Wilhelm I, Urkundenbuch II,
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