Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 27. und 28. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. Fünftes bis neuntes Buch. (27)

Vertrag zu Berlin. 71 
ein Hülfscorps von 10,000 Mann ins Feld zu stellen, das auch in 
Ungarn dienen sollte, nicht ebenso in Italien; werde aber der Kaiser 
da angegriffen, so sollte es zur Bedeckung anderer Provinzen desselben 
verwandt werden können. Er versprach, auch im Reich die Reser- 
vate des Kaisers, namentlich die oberrichterlichen, aufrecht zu er- 
halten, überhaupt in und außer Reiches mit demselben für Einen 
Mann zu stehen; und sogar, demjenigen, dem der Kaiser seine Erb- 
tochter würde vermählen wollen, seine Stimme zum römischen König 
zu geben. Nur Einen Vorbehalt machte hiebei der König; er wollte 
zu nichts verpflichtet sein, wenn der Kaiser seine Tochter mit Don 
Carlos, oder einem andern Prinzen, der kein deutscher sei, verheirathe. 
„Keinen Spanier“, heißt es in einer seiner Randglossen, „keinen Fran- 
zosen, einen Deutschen wollen wir.“ Das erklärt er für seinen 
recht altdeutsch-patriotischen Willen. So lautet auch der Artikel selbst 
auf einen Prinzen, der aus altem deutschem Reichsfürstengeblüt ent- 
sprossen sei). 
Dagegen übertrug nun der Kaiser seine bergischen Ansprüche, 
ohne die Stadt Düsseldorf auszunehmen, auf Preußen, und erklärte 
sich einverstanden, daß bei dem Abgange der drei neuburgischen 
Brüder ohne männliche Erben der König diese sowohl, als seine 
eigenen in Possessorio und Petitorio geltend machen, also Besitz er- 
greifen möge, selbst in dem Falle, daß die Statthalterschaft schon 
vorher einem Prinzen von Sulzbach anvertraut sein möchte. Auch der 
Kaiser machte sich anheischig, den König von Preußen, wenn er an- 
gegriffen werde, mit einer ansehnlichen Hülfsmacht zu unterstützen 2). 
In allen wichtigen Angelegenheiten, namentlich den polnischen, ver- 
sprach er, sich mit ihm allezeit vertraulich zu vernehmen. 
Dahin gelangte man zuletzt im Laufe der Ereignisse und den 
mannichfaltigen Windungen der Negotiation. 
1) Seckendorf: S. Ks. Mt. hat mir anbefohlen, E. K. Mt. nochmaln 
zu versichern daß sie in dieser wichtigen Heirathssache mit ihrer Erzherzogin 
sicherlich keine Resolution fassen, und sich vor Jemand erklären würden, wo 
sie nicht vorhero E. K. M. Meinung und Rath darüber eingeholet. 
2) Der Tractat (23. Dec. 1728) bei Förster, Friedrich Wilhelm I, Ur- 
kundenbuch II, 215, freilich nach einer im Ganzen und Einzelnen incorrecten 
Abschrift. Die vier Artikel am Ende erscheinen im Original als Articuli 
secretissimi, es folgt dann noch ein Articulus separatus, der aus dem 
Wusterhauser Vertrag genommen ist. — Am 3. Februar 1729 wurden dir 
Ratificationen ausgewechselt. Die Minister drlickten ihren Wunsch aus, daß der 
Vertrag zum Ruhme Sr. Mcjestät und zum Vortheil des Hauses ausschlagen 
möge. Der König schrieb auf ihre Vorstellung: Gott gebe seinen Segen.
	        
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