Verhältniß zu England. 73
den Haufen geworfen würden; nur dürfe derselbe den Kaiser auch
nicht von da aus angreifen, noch fremde Truppen nach Deutschland
führen. Aus einem für beide Theile geltenden Grunde legte er ihm
die Nothwendigkeit ans Herz, eine Vermittelung in der schleswigschen
Sache zu versuchen: denn sonst würde der Kaiser die Gelegenheit
erlangen, zu den Waffen zu greifen; es sei aber eine alte Maxime
der Reichsfürsten, ihm eine solche nicht darzubieten.
Indem er sich aber dem englischen Hofe annäherte, wollte er
doch vollkommen freie Hand behalten, dem Grundsatz gemäß, den einst
sein Vater nach dem Frieden von Ryswijk ausgesprochen hatte. Es
war ihm immer vorgekommen, als suche man in England die zwischen
beiden Häusern bestehende Verwandtschaft als ein Motiv politischer
Verbindung in jedem Momente zu benutzen !); er wünschte diese Dinge
auseinanderzuhalten, vor allem das persönliche Vertrauen herzustellen:
so viele Versicherungen er für die deutschen, ja auch die allgemeinen
Angelegenheiten ertheilen ließ, so wollte er doch nicht, daß von einer
neuen Allianz die Rede wäre.
Wie der Zweck der ganzen Einrichtung, die er mit so unab-
lässiger Anstrengung durchführte, dahin ging, sich von allem fremden
Einfluß unabhängig zu machen, so war er für nichts so empfindlich,
als wenn Jemand einen solchen auszuüben oder ihn als einen minder
Selbständigen mit sich fortzureißen suchte. Das hauptsächlich hatte
ihn aus der Allianz mit Hannover getrieben, daß ihm die Vermuthung
aufstieß, man verfolge da noch andere Zwecke, als die ihm mitgetheilt
waren?2). Selbst bei seiner Annäherung an den kaiserlichen Hof meinte
er nicht eigentlich sich demselben unterzuordnen: er fühlte vielmehr
seinen Ehrgeiz geschmeichelt, daß ein mit so prächtigen Ansprüchen
und Vorrechten prangender Fürst seine Freundschaft so eifrig suchen
mußte. „Ohne Eitelleit“, sagt er einmal, „ich habe Ehre erworben
für das Haus Brandenburg. Ich habe meine Tage nie nach Allianzen
getrachtet, nie einer fremden Macht die ersten Anträge gethan. Meine
Maxime ist, Niemand zu verletzen, aber mir auch nicht auf die Füße
treten zu lassen.“ Es war das große Staatsprincip, Niemand zu
1) Man forderte zum Beispiel, daß wenn der Congreß von Cambray sich
versammele, der preußische Gesandte, wosern der König einen hinschicke, nicht
gegen Englaund sei.
2) „Je veux savoir tous les secrets ecgalement comme le Roi T. Chr.
et le roi de Gr. Br. et regler avec eux tout ce qui se passera ct comme
partie, mais pas en subalterne et inférieur, mais Egalement comme les-
dits rois.“ (Aus einer Erklärung des Jahres 1726.)