Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 27. und 28. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. Fünftes bis neuntes Buch. (27)

80 Fünftes Buch. Viertes Capitel. 
söhnen so viel von dem Alterthum ihrer Häuser, der Hoheit ihres 
Blutes zu hören gab, ihnen mit dem Gepränge glänzender Titel den 
Hof machte, ohne sie auf die Forderungen des Lebens zu verweisen; 
er verbat sich ein solches Verfahren. Man soll einen Jeden, der den 
Prinzen sieht, verwarnen, daß er demselben nicht schmeichle; gäbe es 
Einen, der es dennoch thue, den soll man bei ihm verklagen; bei 
Leibe soll man seinen Sohn nicht hoffärtig machen. Den Pomp der 
fürstlichen Phrase: „unsere herzgeliebte Gemahlin Liebden, unsers viel- 
geliebten Sohnes des Kurprinzen Liebden“, in dem sich sein Vater 
gefallen, die Erwähnung der „herrlichen“ Lande, der darin wohnenden 
„Millionen“ Menschen, veränderte Friedrich Wilhelm in die einfachen 
Ausdrücke: meine Frau, mein Sohn, das ganze Land; überdem trat 
das Ich an die Stelle des Wir. Wenn in der alten Instruction 
von Respect und Submission die Rede war, welche der Prinz seinem 
Vater und dessen Befehlen schuldig sei, so fügt Friedrich Wilhelm 
hinzu: diese Unterwürfigkeit dürfe nicht sklavisch sein; es ist der von 
seiner Hand beigeschriebene Ausdruck: daß der Prinz Vertrauen zu 
ihm haben, in ihm seinen besten Freund sehen, „brüderliche Liebe“ 
zu ihm fassen möge, das solle man ihm ins Herz predigen. Nur die 
unentbehrlichen, das Leben berührenden Gegenstände des Unterrichts 
haben Werth für ihn. Er verwirft das Studium der Genealogie, 
das früher empfohlen worden; statt „Geschichte des kur- und fürst- 
lichen Hauses Brandenburg“ will er nur von preußischer Historie 
hören; Staatenkunde, verbunden mit Geographie, soll der Prinz ler- 
nen, die Landkarte in der Hand, und eine vollkommene Fertigkeit im 
Rechnen erwerben. Sehr bemerkenswerth bleibt es doch, daß der 
König das Latein geradehin verbietet; für ihn hatte die Anordnung 
der goldenen Bulle, welche die Kenntniß dieser Sprache von einem 
Kurprinzen fordert, keine Bedeutung mehr. Mit methodischer Gram- 
matik soll man seinen Sohn nicht plagen, schon genug, wenn er sich 
durch Uebung einen fließenden französischen und deutschen Stil an- 
eignet. 
Und fragen wir nun weiter, worauf die Erziehung des Prinzen 
sich richten sollte, so ist das dreierlei. 
Wie seine Gouverneure zwei ausgezeichnete Kriegsmänner sind, 
so soll er hauptsächlich mit Offizieren umgehen, Begierde zu Ruhm 
und Bravour, Liebe zu den Soldaten fassen; man soll ihm auf das 
nachdrücklichste einprägen, daß er ein verachteter Mensch wäre, wenn 
er nicht ein Soldat würde. 
Das zweite: man soll einen guten Wirth aus ihm machen; gegen
	        
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