Jugendjahre Friedrichs II. 81
Pracht und überflüssigen Aufwand, noch mehr gegen Spiel und jede
Art der Verschwendung soll und muß man ihm Ekel beibringen.
Endlich, er soll ein guter evangelischer Christ werden. Man soll
ihm den Ungrund der katholischen Lehre so stark wie möglich dar-
legen, von den verworfenen Secten aber, von Arianismus, Socinia=
nismus, auch den Meinungen der Quäker, ihm lieber gar nicht
sprechen ½).
Diese religiöse Tendenz tritt besonders in einem Stundenplan,
welcher im Jahre 1725 vorgeschrieben wurde, und ziwar mit dem
übertriebenen Eifer jener Zeiten hervor.
Der Prinz soll sich früh und rasch erheben, sogleich ein kleines
Gebet auf den Knieen sprechen; nachdem er sich hurtig angezogen und
in wenig Minuten Thee und Frühstück eingenommen, wird in Gegen-
wart aller Diener ein großes Gebet auf den Knieen gehalten, ein
Capitel aus der Bibel gelesen, ein gutes Lied mit lauter Stimme
gesungen; die Fechtstunde wechselt ab mit Information in der Religion.
Sonst geht der Prinz alle Morgen mit dem König nach der Parade;
Sonntags marschirt er an der Spitze seiner Compagnie mit ihm nach
der Kirche?2). In einer gewissen Beziehung hiezu steht die sonderbare
Form des Unterrichts, den man ihm in der allgemeinen Geschichte
ertheilte. Man ließ ihn das Theatrum europaeum lesen, dessen erste
Bände die Religionskriege umfassen.
Es leuchtet ein, daß es Friedrich Wilhelm nicht auf eine freie
Ausbildung angeborener Geistesgaben, noch auf die Aneignung all-
gemeiner Cultur absah: Erziehung und Unterricht hatten bei ihm ein
bestimmt vorgestecktes Ziel; er wollte einen Mann aus seinem Sohne
1) Instruction und Bestallung welche ich F. W., — meines Sohnes des
Krouprinzen verordneten Oberhofmeister und Sousgouverneur meinen General-
lieutenant Graf von Finkenstein und Obristen von Kalkstein ertheilt: abgedruckt
bei Cramer: Zur Geschichte Friedrich Wilhelms, Nr. 1. In einer Privat=
sammlung existirt das Original, d. i. die alte Instruction eigenhändig von
Friedrich Wilhelm durchcorrigirt (wovon mir eine Abschrift vorlag), welche
seinen Sinn noch originaler darslellt als die übrigens (von Marschall) wohl.
gefaßte Umarbeitung selbst, in der das Schroffe wieder gemildert ist.
2) Bei Cramer S. 21 findet sich auch das „Reglement wie mein ältester
Sohn Friedrich seine Studien zu Wusterhausen halten soll“. Es muß heißen
Stunden: das Datum ist 3. Sept. 1725, nicht 1721. Die Abschrift, nach
welcher der Druck gemacht worden, war sehr mangelhaft. Zur Ergänzung
dient: Instruction wie mein Sohn Fr. seine Stunden soll halten zu Potsdam.
Die Instruction für das Joachimsthalsche Gymnasium von 1731 (Mylius I,
1, 254) hat manches Aehnliche, z. B. 8§ 14, § 15.
r. Ranke's Werke XXVII. XVI1. 6