Jugendjahre Friedrichs II. 85
inwohnte, so an dem ganzen Begriff von Leben und Welt, den sie
mittheilten.
Und wie junge Menschen zu thun pflegen, diesen Begriff wandte
er nun auf die Dinge und Personen an, die er um sich her sah; an
seines Vaters Hofe glaubte er Niemand zu finden, dem er Bildung
zuschreiben könne, es müßte denn Einer und der Andere gewesen sein,
der sich viel mit französischer Lectüre beschäftigte.
Wenn man bedenkt, wie gewaltig die Umgebung, namentlich eine
militärische, den jugendlichen Sinn zu ergreifen pflegt, so würde der
Widerspruch, in den Friedrich sich gegen die seine setzte, zumal da er
doch zuletzt noch mehr angeborenen militärischen Geist als literarischen
bewiesen hat, noch auffallender sein, wenn man nicht wüßte, daß die
Königin, seine Mutter, dazu beitrug.
Sophie Dorothee war niemals ganz auf die Gesichtspunkte ihres
Gemahls eingegangen; der einfache, beschränkte, von Allen, was zum
Schmuck und höheren Genuß des Lebens diente, enblößte Haushalt
genügte ihr nicht; sie tadelte Vieles von dem, was der König vor-
nahm, und sah nach, wenn ihre beiden ältesten Kinder sich das Näm-
liche erlaubten; sie richtete die Augen derselben nach dem lebens-
froheren Ausland. Unter dieser zusammentreffenden Einwirkung, denn
die Mutter liebte und begünstigte zugleich die Studien, jenen Ehrgeiz
der Cultur, begann der Prinz das knappe, enge Soldatenwesen halb
und halb für eine Pedanterie zu halten, an Paraden und Revüen
eher Mißbehagen zu empfinden. Er dachte, einem Fürsten gezieme
es ebenso wohl auf geistige Vergnügen zu denken, wie sie Musik,
Theater und heitere Geselligkeit darbieten.
Um so mehr war es ein Ereigniß für ihn, daß er im Februar
1728 den Hof von Dresden sehen durfte.
Die Mißhelligkeiten, welche bisher zwischen Friedrich Wilhelm I
und August II obgewaltet, waren ausgeglichen worden; und so ver-
schieden, ja beinahe entgegengesetzt ihre Sinnesweise bisher erschienen
war, so trat doch nach und nach Manches heraus, was sie gemein
hatten. August zeigte besonders in seinen späteren Jahren eine stei-
gende Vorliebe für das Militärische; Friedrich Wilhelm folgte we-
nigstens darin noch dem alten Herkommen der Höfe, daß er zu
Zeiten an langen, reichlichen Gelagen gern Theil nahm. Nun hatte
August II sich aus seinen vertrautesten Cavalieren eine besondere Ge-
sellschaft (runde Tafel) gebildet, als deren Patron er erschien; König
Friedrich Wilhelm, der als Genosse und Mitbruder eintrat, ward bald
darauf als Compatron anerkannt, mit dem Recht, die Gesellschaft