92 Fünftes Buch. Viertes Capitel.
vermitteln: so sehr es der junge Prinz wünschte, so vortheilhaft es
vielleicht auch für ihn hätte werden können, unter den Augen des
Königs von Preußen eine strengere Schule durchzumachen, so geschah
es doch nicht. Die eintretenden politischen Irrungen trugen eher bei,
die Gemüther einander zu entfremden. Als Georg 1 (1727) auf der
Reise nach Hannover unerwartet starb, war noch nichts darüber
festgesetzt.
Bei der Tbronbesteigung Georgs II wurde dieser Plan nicht
allein nicht aufgegeben, er wurde in noch größerem Umfang er-
neuert.
Schon seit manchen Jahren war zwischen den beiden Schwä-
gerinnen, der jetzigen Königin von England, Caroline, geborene Prin-
zesstin von Ansbach, und der Königin von Preußen die Rede davon
gewesen, durch eine doppelte Vermählung, nicht allein der preußischen
Prinzessin mit dem englischen Thronerben, sondern auch des preußi-
schen Kronprinzen mit einer englischen Prinzessin die Familien auf
immer zu vereinigen; hievon ward jetzt, was bisher nicht geschehen,
officiell gehandelt.
König Friedrich Wilhelm 1 war in diesem Augenblicke weit ent-
fernt, sich dagegen zu setzen; bei jener Mission, die wir erwähnten,
hat er seinen Gesandten Wallenrodt ausdrücklich beauftragt, mit der
neuen Königin darüber zu sprechen 1). Nur machte er hiebei eine
seinem Selbstgefühl und preußischen Ehrgeiz entsprechende Bedingung-
Er wollte die öffentlichen Geschäfte nicht nach dem Maße der ver-
wandtschaftlichen Beziehungen verwalten lassen; er wollte in den
öffentlichen Geschäften, wie oben berührt, freie Hand behalten; die
Vermählungen sollten geschlossen, die politische Allianz aber darum
noch nicht unbedingt erneuert werden. Dagegen in England blieb
man dabei, daß die Angelegenheiten der Politik und der Familie
zusammengehen müßten. Als der Königin Caroline, die überhaupt
Anfangs einen gewissen Einfluß ausübte), die erste Eröffnung geschah
1) Instruction vom 12. August 1727: er könne ihr einen Begriff darüber
machen, daß eine gedoppelte Heirath zwischen unser und der k. englischen
Familie das beste und sicherste Fundament zu einem beständigen immerwähren-
den guten Vernehmen zwischen beiden königlichen Häusern unfehlbar sein werde;
hievon müsse man den Anfang machen.
2) „Ciest la reine qui represente le premier ministre.“ Aeußerung
einiger englischen Großen. S. Majestät, sagt der deutsche Bericht, aus dem
wir dies nehmen (Febr. 1728) wollen nicht zugeben, daß die Ministri regieren
sollen, sondern sie selbst alleine.