Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 27. und 28. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. Fünftes bis neuntes Buch. (27)

Absichten für die Vermählung Friedrichs II. 93 
(der Gesandte sprach nur in eigenem Namen), versicherte sie zwar, 
daß sie nichts mehr wünsche, als die doppelte Vermählung; daß sie 
auch für ihren Sohn keine bessere Gemahlin wisse, als die preußische, 
welche Verstand habe und sich zu betragen verstehe; „aber um Gottes 
Willen“, fügt sie hinzu, „wir wollen den Roman nicht von hinten 
anfangen, erst wollen wir die Geschäfte in Ordnung bringen, dann 
kann ich mit Erfolg an der Heirath arbeiten“ 1). 
Sah es nicht wirklich aus, als betrachte der englische Hof diese 
Vermählung als eine Gunst, die durch anderweite Zugeständnisse zu 
erwiedern sei? Für Friedrich Wilhelm bedurfte es nichts weiter, als 
einer solchen Andeutung, um ihn in der Seele zu entrüsten. Wenn 
der Herr der Dame, sagt er, von seiner Tochter redend, so ist die 
Dame des Herrn werth. Seinem Gesandten antwortet er, es scheine, 
als wolle man ihn gleichsam zwingen, sich in neue Verpflichtungen 
einzulassen, als meine man ihn durch jene Heirath dazu bringen zu 
können: solche Vortheile aber finde er dabei nicht, daß er die In- 
teressen seines Hauses darüber hinopfern, oder sich beschwerlichen Be- 
dingungen unterwerfen sollte. Noch stärker drückte er sich gegen seine 
einheimischen Minister aus. Er wäre nicht abgeneigt gewesen, seine 
Tochter lieber dem Herzog Johann Adolf von Weißenfels, oder einem 
andern machtlosen deutschen Prinzen zu geben. 
Von dem Ehrenpunkt ging der Widerwille aus, doch nährten ihn 
noch andere Umstände, die zu jenem an eine nachbarliche Fehde alter 
Zeit erinnernden Hader führten, dessen wir oben gedachten. Wie sehr 
derselbe in die Familienangelegenheiten eingriff, ersieht man daraus, 
daß nach dem Tractat von Berlin gegen Ende 1728 der Prinz Fried- 
rich, nunmehr Prinz von Wales, von Hannover plötzlich nach London 
beschieden wurde; man fürchtete, er möchte sonst etwa auf eigene Hand 
nach Berlin gehen, um die ihm bestimmte Braut zu besuchen. 
Noch größere, aber entgegengesetzte Folgen schien das Zerwürfniß 
von 1729 zu haben. Schon damals ist von einer Flucht des Kron- 
prinzen von Preußen nach England die Rede gewesen. König Georg 
sagte damals, er sei bereit, den Prinzen aufzunehmen und für ihn 
Sorge zu tragen, aber ihn gegen seinen Vater zu behaupten, dazu 
würde er sich nicht verpflichten?). 
1) Ne commencons pas le roman par la qduere, ne commencons pas 
par la conclusion. Remettez premierement les affaires. · 
2)SchreibeaKönigSGcorgllanLordTowafhenb:tothetnasc11,tho« 
lshoulübcvckyglmltotakccaseokthepkiaccokaussiaincaschc
	        
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