Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 29. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. (29)

Ausbruch des Krieges. 107 
Ludwig XV hatte seinen Feldzug in den Niederlanden mit einem 
Heere von 100,000 Mann, das sich in gutem Stande befand und 
mit trefflichem Belagerungsgeschütz versehen war, eröffnet, und um 
die Holländer in Furcht zu setzen, seine Waffen hauptsächlich gegen 
die Barriereplätze gerichtet. Erst die kleineren, wie Waasten, Furnes, 
das Fort de Knokke, dann auch größere, wie Menin und Mypern, 
wurden eingenommen. Die Anwesenheit des Königs, der sich nach 
den militärischen Dingen zu erkundigen anfing, und von dem man 
hoffte, er werde eben so viel Geschmack an dem Kriege bekommen 
wie er bisher an der Jagd gehabt, zeigte sich für die Unternehmungen 
förderlich. 
Ganz anders aber ging es am Oberrhein, wo Marschall Coigny, 
— eben der, mit dessen Wahl für einen so wichtigen Posten Friedrich 
sich in Pyrmont unzufrieden erklärte — eine Armee befehligte, der 
die österreichische unter dem Prinzen von Lothringen und dem Mar- 
schall Traun bei weitem überlegen war. Diese bedienten sich einer 
Kriegslist, die in alten und neuen Zeiten bei Flußübergängen Erfolg 
gehabt hat: indem sie die Aufmerksamkeit des Feindes durch schein- 
bare Veranstaltungen nach einigen tiefer unten gelegenen Plätzen 
leiteten, vollzogen sie ihren Uebergang höher oben fast ohne Wider= 
stand. Das Beste thaten die Ungarn, nicht ohne serbische Panduren, 
welche das Rheinufer mit unverstandenem Kriegsgeschrei erfüllten; die 
Königin hat der ungarischen Nation bei diesem Anlaß ihren besondern 
Dank ausgesprochen. Coigny sah sich plötzlich in großer Bedrängniß, 
er mußte Weißenburg, das den Feinden sofort in die Hände gefallen, 
erst wieder erobern; als er nach Hagenau zurückgekommen war, be- 
sorgte er doch, den Elsaß nicht behaupten zu können; auf das Leb- 
hafteste suchte er die Hülfe seines Königs nach, der dann nicht säumte, 
sich selber in Bewegung zu setzen, um das französische Gebiet unver- 
letzt zu behaupten. 
Wie sehr dieser Krieg als ein allgemeiner betrachtet wurde, er- 
sieht man aus den Aufzeichnungen Kaiser Carls VII, der sich in den- 
selben verwickelt sah, ohne daß er mit zu seiner Entscheidung hätte 
beitragen können: aber er fühlte jeden Augenblick, daß sein Dasein 
von dem Ausschlag der Waffen abhänge. So ward er von jenem 
Versuch, den Sohn des Prätendenten nach England zu werfen, an 
seiner Stelle nahe berührt, da dadurch des protestantischen Interesses 
wegen die ihm Jugesagte Hülfeleistung von Hessen zweifelhaft wurde; 
er war sehr zufrieden, als jenes Vorhaben scheiterte. Mit Freuden 
begrüßte er die Kriegserklärung des Königs von Frankreich gegen
	        
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