108 Elftes Buch. Ersies Copitel.
England; in den niederländischen und italienischen Ereignissen sieht
er gleichsam seine eigene Sache. Mit gespannter Aufmerksamkeit be-
gleitet er die Unternehmungen des franzöfisch-spanischen Heeres in
Oberitalien: ihre Erfolge bei Mont-Alban und Villa-Franca, sowie
das Zurückweichen der Oesterreicher in Mittelitalien vor dem muthig
emporstrebenden Könige von Neapel. Er ist glücklich über den guten
Ruf, den Ludwig XV bei seiner Armee erwirbt, und über die Er-
oberungen, die er macht. Aber was in seiner unmittelbaren Nähe
geschieht, erweckt um so mehr seine Besorgnisse. Den leichten Ueber-
gang der österreichischen Truppen über den Rhein schreibt er der Be-
günstigung des Kurfürsten von Mainz zu, der mit englischem Gelde
gewonnen sei; er fühlt selbst den Widerspruch, der darin liegt, daß
sein General den Franzosen helfen solle, ihre Grenzen gegen Deutsch-
land zu vertheidigen; aber seine vornehmste Hoffnung bildete es doch,
daß dies geschehen. Aufs neue wurden damals in Frankfurt die
bittersten Schriften gewechselt. Der Kurfürst von Mainz brachte
Erklärungen der Königin von Ungarn zur Dictatur, durch welche die
Autorität des Kaisers auf das Heftigste angegriffen wurde; er be-
gegnete denselben mit entgegengesetzten Commissionsdecreten. Auf das
Schmerzlichste wurde er betroffen, als die französischen Marschälle vor
den Oesterreichern zurückwichen. Daß der König von Frankreich in
Metz erkrankte, sah er als den größten Unglücksfall an, der ihn treffen
konnte. In diesem Augenblick griff Friedrich II zu den Waffen. Der
Kaiser wiederholt mit Freuden die Erklärung desselben, daß er als
Reichsfürst die Pflicht habe, das nach den Gesetzen gewählte Reichs-
oberhaupt aufrecht zu erhalten, die Rechte und Constitutionen des
Reiches zu vertheidigen; und in der er zugleich die Herstellung des
Hauses Baiern in die ihm entrissenen Erblande forderte. Der König
hatte ihm zugleich versprochen, ihm die Krone Böhmen wieder zu ver-
schaffen, unter der Bedingung freilich jener Abtretung, welche der
Kaiser bitter empfand, aber bewilligte, weil ihn die Härte des Hauses
Oesterreich dazu zwinge 1). Er fühlt sich doch immer als geborener
König von Böhmen.
Dem König von Frankreich hatte Friedrich angekündigt, daß er
1) Le traité particulier sous la garantie de France entre le roi de
Prusse et moy a 604 signé; c'est avec bien de la peine, que je my suis
résolu; mais la dureté de la cour de Vienne m'a forcé, cette cour tend.
absolument à la destruction de la maison de Bavière. (Tagebuch Kaiser
Carls VII in Quellen und Erörterungen zur bayerischen und deutschen Geschichte
VIII. Bod. S. 343).