Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 29. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. (29)

Erstes Capitel. 
Wahl und Stellung Kaiser Carls VII. 
Wenn wir uns der ersten Zeiten nach dem Ableben Carls VI 
erinnern, so hegte damals der Wiener Hof wenig Zweifel, daß der- 
Großherzog von Toskana, Gemahl der Königin, zur kaiserlichen Krone 
gelangen würde. Man rechnete, daß man von den neun Kuren, die 
zu dieser Zeit gezählt wurden, vier für sich habe: Mainz und Trier 
von den geistlichen, Sachsen und Hannover von den weltlichen, und 
über eine fünfte, die böhmische, selber verfüge. Den Kurfürsten von 
Baiern, Carl Albert, der sich als Mithewerber ausfstellte, fürchtete 
man so wenig, daß man es für möglich hielt, sogar den Bruder 
desselben, den Kurfürsten von Köln, zu gewinnen, denn er esse doch 
das Brod der Stifter, die sämmtlich gut österreichisch gesinnt seien. 
Wir sahen, wie bereit Friedrich war, seine Stimme dem Großherzog 
von Toskana zu geben, freilich unter der Bedingung, daß man seine 
Rechte auf Schlesien anerkenne; hätte man sich hierüber verstanden, 
so wäre die Erhebung des Großherzogs ohne Frage durchgeführt wor- 
den. Schon war der Kurfürst von Mainz sehr geneigt, den Groß- 
herzog, als Mitregenten von Böhmen, zur Wahlversammlung zu- 
zulassen. . 
Der Ausbruch der preußisch-zösterreichischen Irrungen machte aber 
Alles ungewiß. « 
Baiern und Pfalz, die seit einiger Zeit auch ihre letzte Streitig- 
keit, über das Reichsvicariat, verglichen hatten, hielten eng zusammen: 
so wenig zuverlässig der Kurfürst von Köln auch überhaupt war, so 
mochte er sich doch bei einer so großen Aussicht seines Hauses von 
demselben nicht trennen. Dagegen erhob der Kurfürst von Sachsen 
gegen die Mitregentschaft des Herzogs von Lothringen einen sehr
	        
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