Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 29. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. (29)

Zweites Capitel. 
Rückzug aus Böhmen. 
Darauf vor allem beruhte die Energie von Preußen, daß die 
Politik jeden Augenblick durch die Haltung der bewaffneten Macht 
unterstützt, der Krieg eben nur nach dem politischen Gesichtspunkt 
geführt wurde; in Friedrich waren der politische und der strategische 
Gedanke ein und derselbe; — gewiß ein ungemeiner Vortheil, der 
aber auch wieder eine große Gefahr einschloß. 
Denn nicht allein die Heerführung, wie wir wohl sahen, beruht 
auf einer bestimmten Voraussetzung von dem, was der Gegner thun 
oder lassen dürfte; die Politik hat eine ähnliche Grundlage, ist ähn- 
lichen Irrthümern ausgesetzt, die sich, wenn man sie nicht vermeidet, 
auch der Kriegführung mittheilen und ein in allen Beziehungen falsches 
Verfahren veranlassen können. 
Friedrich hatte bei seiner Unternehmung zweierlei angenommen: 
einmal, daß die Franzosen nach dem Wechsel des Ministeriums zu- 
verlässige und thatkräftige Bundesgenossen sein und die ganze Sache 
durch ein paar große Schläge zu Ende zu bringen suchen würden: 
sodann, daß Sachsen gewonnen oder doch zur Neutralität bewogen 
werden könne; darauf war der Feldzugsplan gegründet; der König 
hatte sich vollkommene Sicherheit in seinem Rücken zu verschaffen ge- 
glaubt, wenn er nur Prag erobere; durch die Besetzung von Tabor 
und Budweis hatte er das allgemeine Zusammenwirken der Verbün- 
deten im nächsten Feldzug vorzubereiten gemeint. Da sich nun aber 
die politische Voraussetzung als falsch erwies, so erschienen auch die 
Kriegsmaßregeln vergriffen; denn was konnten wohl jene Plätze nützen, 
wenn die Franzosen oder die Kaiserlichen nicht kühn und stark im 
Donauthale vordrangen, und welch ein Verstoß gegen alle gesunde
	        
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