Full text: Leopold von Ranke's sämmtliche Werke. 29. Band. Zwölf Bücher Preußischer Geschichte. (29)

214 Elstes Buch. Siebentes Capitel. 
geblieben sei, so würde er ein Fürst ohne Thron sein, und sein Land 
wäre vielleicht der grausamsten Unterdrückung verfallen. Wenn man 
ihm sage, daß Oesterreich immer gegen ihn sein werde, so liege 
das doch so ferne, daß er jetzt wenig darauf achten könne; es genüge 
ihm, daß er mit dem Kurfürsten von Sachsen in dessen eigener Haupt- 
stadt abschließe und daß der Kanzler von Böhmen daselbst erscheine, 
um den Frieden nachzusuchen. 
Denn dahin war es nun sofort gelommnen. 
Die ersten eingehenden Anträge empfing Friedrich in dem Augen- 
blick, als er den Kanonendonner von Kesselsdorf hörte. Nach dem 
Ausgang dieser Schlacht, der Besitznahme von Dresden konnte man 
nicht zweifeln, ob Sachsen den Frieden wünsche, der ihm unbedingt 
nothwendig war, sondern nur, ob Friedrich noch die Bedingungen ge- 
währen würde, die er bisher angeboten hatte. Seine Umgebung 
fürchtete wohl, er werde es nicht thun, nach drei Wochen von so 
großem und ununterbrochenem Erfolge, im Besitz des gesammten feind- 
lichen Landes; aber Friedrich übertraf ihre Erwartungen 1). Schon 
am 18. December gab er dem Vermittler Nachricht, daß er bei seinem 
ersten Worte stehen bleiben, sich mit der Annahme der Convention 
begnügen wolle. Es ist gewiß, daß er dabei die Hoffnung hegte, 
den sächsischen Hof auf seine Seite zu ziehen, und wir mögen die 
Lobeserhebungen nicht wiederholen, welche die Zeitgenossen seiner 
Mäßigung im Siege machten; ein merkwürdiges Motiv für den Fort- 
gang der moralischen Weltentwickelung liegt jedoch in der Abwesen- 
heit jeder Art von Rachsucht und Vergeltung ). 
Auch Oesterreich aber konnte jetzt nicht zögern, seine Hand zum 
Frieden zu bieten. 
Auf einer andern Seite gerieth es soeben in den größten Nach- 
theil. Die spanischen Truppen rückten im Mailändischen vor, wo sie 
hie und da verletzte städtische Interessen in Schutz nahmen, z. B. in 
1) Eichel: Es ist gewiß schwer so viel Avantages in so kurzer Zeit von 
ungefähr 3 Wochen zu haben, und solche mit Modcration zu tragen. Er hatte 
gefürchtet, sie würden dem König den Kopf umdrehen und ihn übermülthig 
machen, noch zur Zeit aber geht es Gottlob damit gut“. 
2) Der Stadt Leipzig war eine starke Contribution auferlegt. Am 21. 
erklärt Podewils: Comme l’intention du roi mon maitre n'a jamais é6 de 
ruiner la ville de Leipsic et son commerce dont S. M. souhnite plustet 
Ia conservation pour le bien et les intérets de ses propres sujets, V. Exc. 
peut bien croire, que les sommes considérables que le roi fait de- 
mander à la susdite ville ne s'entendent point comme devant etre payées 
par elle seule.
	        
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