14 Erziehungßlehte- und Staatslehre im allgemeinen.
lichkeit der fittlichen Sdee. Da der Staat die gegenftändlich gewordene Gitt-
lichfeit ıft, ıft er an fich vernünftig, und deshalb ift es höchfte fittliche Pflicht,
fih ihm al& unbedingter Vernunft zu unterwerfen. Die Unterwerfung unter
den Staat ift fomit der Auzfluß der Übermadht der höchiten Vernunft. Der
Gegenfaß zmifchen niederer und höherer Macht Ffehrt fomit in idealer Form
wieder.
Die piychologifch-geihichtliche Betrachtung erflärt zwar da3 Sein und
Werden, nicht aber da3 Geinfollen des Staates. Nicht alle Menfchen können
bon der Notwendigkeit und Zrvedmäßigfeit des Staates überzeugt erden;
ihre Erkenntnis ijt mangelhaft und nicht imftande, alle Vorausfegungen und
Tatfachen der Staatsrechtfertigung zu begreifen. Dazu ift bei manchen da3
Wollen fehwach und bei andern fogar Staatsfeindlich, fie benuben den Staat
als millfommene Beute ihrer zügellofen Leidenjchaften. Plndere haben fich
in undernünftige Anfchauungen hineingemähnt. „Serichtet werden fann die
Rechtfertigung des Staates nur an diejenigen, welche grundfäglich die Kultur
und daher aud) deren Bedingungen bejahen” (Gellinef, 197) Die Siche-
rung der LXebensbedingungen der Gefellfehaft aber ift — nad Shering —
eine, ja die Hauptaufgabe des Staatee. Wenn der jugendlihde W. dv. Hum-
boldt die Staatsvereinigung al3 ein „untergeordnetes Mittel“ bezeichnet, fo
mwurzelt diefe Geringfhägung de3 Staates darin, daß er ihn darauf be-
Ichränfte, die auswärtigen Feinde abzumehren und die Bürger gegeneinander
ficherzuftellen. Aber felbit aus diefen zwei Staatsaufgaben flöffen unzählige
unmittelbare und mittelbare Erziehungszmede.
Nun fommt nod hinzu, daß der Staat der Wirklichkeit niemals;alle
Aufgaben reftlos Töfen fann. Gerade die ungelöften Aufgaben bieten Nörg-
lern, Kannegießern, Widerfprechern, Gegnern ufmw. millflommenen Stoff zu
ihrer abfälligen Würdigung. Der mangelhafte Gegenmartzitaat ift aber der
Bater des beffern Zufunftsftaates. Will ich den‘;beffern Staat der Bukunft,
fo muß ich auch den minder guten der Yebtzeit {als Ddafeinsberedhtigt aner-
fennen,
Aus diefer gedrängten Beleuchtung der ftaatsrechtfertigenden Lehren; er-
gibt fich der wichtige Sat: Der Staat fann nie gänzlid als
reine Vernunftnotmwendigfeit erwiefen werden, ermuß
auch mit Herbartufmw. als eine Natur- und Gefhidhtstat-
lade gelten. Someit der Staat nur ein notmendiges natürliches Er-
zeugni3 ift, muß er theoretifch, rein erfenntnismäßig begriffen
werden ala ein Gebilde, das natürlich entfteht aus Luft, Bedürfnis und Ge-
walt und der Fortdauer dur) Gewohnheit und Anähnelung der jungen an
die Alten. Bu diefer erfenntnismäßigen Rechtfertigung des Staates, die als
bloße3 Begriffenhaben fic, kennzeichnet, gefellt fich noch} Die gefinnung®-
mäßige Anerkennung des Staates, die aus fittlihen und rehtlichen
Gründen deffen Dafein bejaht.
Daraus hat die jtaatsgemäße Erziehung und Bildung den Grundjah
abzuleiten: on
Die Rechtfertigung de3 Staate3 vor der Findlihen
Einfiht und Vernunft ift eine erfenntni- undeine ge-
finnung5mäßige.
Sene gründet fich auf unabänderlihe Tatfachen oder auf ba3 geichicht-
liche Werden, diefe auf höhere Werte. Bmwar fan ein ‚beitimmter Staat
niemal3 einen allgemein gültigen Mufterftant darftellen, weil er jtet3 ein rein