22 Erziegungslehre und Staatslehre im allgemeinen.
ein Opfer bringen mußt, fo ilt das recht und billig, denn du bijt ja aud für
den Staat da, du mußt ihm feine Wohltaten vergelten.
Un diefe feelifchen Inhalte können nicht in einem einzigen Xehrfadhe dem
Finde in naturgemäßer und entwiclungsgemäßer Urt eingepflanzt werden.
Gerade das Staatsbewußtjein braucht Zeit zu feiner Entfaltung, da e3 fo
zujammengejeßter Natur il. Das GStaatsbewußtfein hat Hilfe nötig bon
allen Zweigen des Schulunterricht. Daraus fünnte man folgern: Das
GStaatsbervußtfein muß in einem befondern Fade — der Staatsfunde —
planmäßig erzeugt werden. Tatfächlic) Hegt man öfter diefe Anficht. So
Ihrieb Prof. Dr. Ulfted Manes im „Staatsbürger” (1910, ©. 6) in feiner
Arbeit über „Birrgerfunde und DVerficherung”: „Auffällig ijt, daß für Die
Mäpchenihulen (in Preußen) der umfaffendfte Unterricht in Bürgerfunde
porgefchrieben ijt, und zwar ift hier die verfehlte Methodeder ge-
legentlihden Berüdfihtigung der Bürgerfunde in anderen
Disziplinen verlaffen und der einzig rihtige Wcea gemählt,
nämlih eine befondere Bürgerfunde al? felbjtändiges
Lehbrfadh eingeführt.“
Unjere Anficht geht nun dahin: Völlig verfehlt märe jedes Verfahren,
das mit einen befondern Lehrfadh der Bürgerfunde begönne, ohne Die er-
forderlihe Grundlegung in einzelnen und gelegentlichen Berüdfichtigungen
gegeben zu haben. Diefe gefamtmäßige Vorbereitung auf die felbjtändige
Bürger- und Gtaatsfunde ijt noch viel toichtiger und oft auch ausjchlag-
gebender, al3 der befondre facymäßige Unterricht in Staatsfunde. Freilich
wäre e3 durchaus verkehrt, auf diefen ftaatsfundlichen Sachunterricht verzichten
zu mwolfen, weil man ja bereit3 die Hauptarbeit in einzelnen Bruchjtüden
geleiftet hat. Der vorbereitende, unfachmäßige oder gefamtmäßige und der
nachbereitende, abfchließende Yacjunterricht in Staats- und Bürgerfunde ge-
hören eng und wunauflögbar zujanmen. Beide al3 eine erziehende und
bildende Ymedeinheit gewährleijten erjt pauernden Erjolg.
Gerade deshalb, weil das Haus und das außerfdulifche Leben dem
finde viel zu wenig Staat3bemußtfein einflößen, ift eine fehulmäßige Bor-
bereitung de3 fachlichen Unterrichts in Staatsfunde unumgänglich. F11S-
bejondre Fan man bei diefen gelegentlichen, eingeflochtenen Berüdjichtigungen
de3 Staatögedanfens das fittlihe und gefinnungsmäßige Staatsbemußtiein
in natur- un) Eindesgemäßer Weife pflegen und fräftigen. Wenn der auf-
tlärende, läuternde, zufanımenfaffende, ftaatsfundliche Fachunterricht einjet,
dann muß der ftaat3bewußtfeinsmäßige Gefinnungsfern fängjt ala ein hohes
But in des Kindes Seele fhlummern und verankert jen.
Bon allen Fremden der jtaat3bürgerlihen Erziehung it Kerfdhen-
fteiner der entfchiedenfte Geringfchäßer der ftaatsbürgerliden Belehrung.
Gr fchäßt fie fo niedrig ein, daß er das Heil der jtaatsbürgerlidhen Erziehung,
indem er an Platos und Fichtes Gedanken anfnüpft, nur in Der
Arbeitsgemeinfchaft erblidt. „Nur wenige unfrer Volfsgenofjen fommen Dazu,
ihre eigenen fejten Anfchauungen über die Staatszwede und feine (!) Mittel
fih zu bilden. Die alfermeiften müffen e3 anderen überlaffen, für lie
politiih zu denfen. . . .” (Begriff der ftaatsbürgerlichen Erziehung, ©. 17.)
Dennod) fann auch sterfhenfteiner die Einficht und Erkenntnis nicht
gänzlich) ausfchalten. Er verlangt, daß die „See vom abjoluten Weit des
geordrieten Staatslebens im Bilde des fittlihen Gemeindemejens auf-
taucht (©. 30), daß „die Empfindung von der Verflechtung der Snterejjen