Full text: Bavaria. Landes und Volkskunde des Königreiches Bayern.

6 Die geognostischen Verhältnisse des ostbaver. Grenzgebirges. 
ISweites Kapitel. 
Geographischer Ueberblick. 
Gebirgsverhältnisse. Das in der eben bezeichneten Weise abge- 
grenzte ostbayerische Grenzgebiet ist durchweg ein Bergland, welches 
zwar weniger durch sehr bedeutende Erhebungen über die Meeresfläche, als 
vielmehr durch große Stetigkeit der zu endlos vielen Rücken und Bergköpfen 
aufgethürmten Erd= und Steinmassen ausgezeichnet ist. 
In den höheren Gebirgen sind vorherrschend rückenartige, in dem tie- 
feren Zwischenlande wellenförmige und abgerundete Formen ausgeprägt. 
Indem die rückenförmigen Berge sich in mehreren parallelen Reihen der Länge 
nach aneinander schließen, bilden sie Gebirgsketten, deren Hauptrichtung 
von NW. nach S0. zieht. Diese Art der Bergformen und ihrer Gruppirung 
verleiht dem ganzen Gebirge seinen Hauptcharakter als Längengebirge und 
bestimmt zugleich in dem ganzen großen Zuge vom Fichtelgebirge bis zur 
Donau die nordwest-südöstliche Richtung als die vorherrschende. 
Die Hauptlängenkette zieht, wie schon erwähnt, mit der Landes- 
grenze zwischen Bayern und Böhmen oder doch in ihrer nächsten Nähe von 
dem Düllenberge bei Waldsassen bis hinab zum Dreisesselgebirge und 
zur Dreisteinmark, von wo an dann dieselbe längs der Grenze zwischen Böh- 
men und Oesterreich fortsetzt. Diese Hauptkette kann wohl als der Centraltheil 
des ganzen Gebirgs gelten und wird deßhalb häufig als Repräsentant des 
ganzen Gebirgs, demnach auch als der eigentliche Böhmer-Wald ange- 
sehen. Wir faßen hier die Bezeichnung bestimmter und nennen diese Haupt- 
kette das bayerisch-böhmische Grenzgebirge im Gegensatze zum baye- 
risch-böhmischen Waldgebirge als Ganzes, und zum böhmischen 
Walde als der Ostabdachung des ganzen Gebirgs nach Böhmen hinein. Dem 
letzteren steht dann die Westabdachung als ostbayerisches Grenzgebirge 
oder bayerischer Wald in weiterem Sinne gegenüber. 
Neben dieser Hauptkette und den derselben eng angeschmiegten, paral- 
lelen Seitenketten und Vorbergen tritt näher am Rande des Gebirgs, baheri- 
scher wie böhmischer Seits, ein zweiter, minder hoher Zug aneinander gereih- 
ter Bergrücken hervor. Besonders deutlich ist dieser in den südlichen Theilen 
des Gebirgs ausgeprägt; gegen Norden zu schmilzt er mit dem benachbarten 
wellenförmigen Berglande inniger und gleichförmiger zusammen. 
Dieser Höhenzug am Rande des südlichen Gebirgs tritt nahe an die 
Thalung der Donau vor und begleitet diese von Regensburg und Kirn ab- 
wärts über das Falkensteiner-, Ruseler= und Passauer-Gebirge bis ins öster- 
reichische Mühelviertel. Von der Stellung vor dem Hauptzuge und in der 
Nachbarschaft der Donau trägt er passend den Namen: vorderer Wald 
oder Donaugebirge, dem gegenüber der Hauptzug als hinterer Wald 
oder Grenzgebirge zu bezeichnen ist. Das mehr hügelige Land zwischen
	        
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