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letzte Werk deutscher Kunst und deutscher Meister. Und wie sehr neigen sich
auch hier schon alle Formen der altrömischen Bauweise zu, alle sonst keckauf-
springenden Glieder des Baues bleiben näher der Erde, der Spitzbogen rundet
sich immer mehr, alle Ornamentik geht in fremde Bildungen und in Kröpf-
werk über. Interessant ist es, am freistehenden Thurme von St. Emmeran
diese Umgestaltung der gothischen Motive (Sockel, Baldachine) zu betrachten.
In den letzten Jahrzehnten des sechzehnten Jahrhunderts war der Umschwung
vollbracht, die Gothik war vollkommen abgeworfen, der römische Baustyl hatte
die alleinige Herrschaft errungen. Die alten Säulenordnungen kommen überall
zur Anwendung, der Faoadenbau der römischen Tempel, der Dreiecksgiebel
über Thüren und Fenstern, das Tonnengewölbe und der Kuppelbau, die Ge-
simse und Lisenen der Römer erscheinen auch hier bei jedem Kirchen= und
Pallastbau.
Der bedeutendste Bau mag wohl die protestantische Dreifaltigkeits=
kirche in Regensburg sein, zwischen den Jahren 1627— 31 ausgeführt von
dem Baumeister Johann Karl Ingen von. Nürnberg, ein kolossales Wert,
einschifig, ohne Säulen, mit gewaltigem Tonnengewölbe überspannt,
mit geradem Chorschluß und zwei Kuppel--Thürmen im Osten, während
drei reichgeschmückte Portale (zu Ehren der drei göttlichen Personen?
den Eingang bilden. Die Fenster erscheinen in gedrückter Rundform
oder als Vierecke mit rundem Abschluß. Erwägen wir die Länge
von 200“, die Breite von 62“ und die innere Höhe von 45“, so
wird uns die Großartigkeit dieses Bauwerks einleuchten, wenn wir auch nicht
leugnen können, daß bereits das Längen= und Breitenverhältniß zu sehr gegen-
über der Höhe vorwiegt. Der Zimmermeister Lorenz Friedrich, der den Dach-
stuhl aufsetzte, scheint das gefühlt zu haben und gab darum diesem eine solche
Höhe und steile Form, wie wir sonst kaum bei gothischen Bauten finden.
Aehnlich ist die kolossale Klosterkirche in Waldsassen, ausgeführt zu
Ende des siebzehnten Jahrhunderts, ebenso die Karmelitenkirche in Re-
gensburg, der Westchor von Obermünster (1683), die Johanniskirche
in Regensburg, die St. Klarenkirche ebenda (1613), und die Franzis-
kanerkirche in Pfreimdt. Von Civilbauten dürften der Rathhaustheil
von 1660 und das Schloß in Pfreimdt Erwähnung verdienen.
Die Plastik hat in diesen Jahrhunderten noch Bewunderungswürdiges
in Altären, Grabmälern und Statuen geschaffen. Ist auch ihren Gebilden
die alte Anmuth und Frömmigkeit entschwunden, so kann man doch der er-
greifenden Naturwahrheit und der vollendeten Durchführung derselben laute
Anerkennung nicht versagen. Man betrachte die Erzgußwerke der Zeit, die
Kreuzigung im Chor von Niedermünster oder das Grabmal des
Fürstbischofs Philipp in Mitte des Domes (1598)1 Zu den trefflichsten
Altarbauten gehört der Altar der Aebtissin Wandula in Obermünster,
Scenen aus dem Leben Mariä, in weißem Marmor mit einer Feinheit und