Geognosie. 11
Nach diesem Verhalten unterscheiden die Anwohner zwischen oberem (Regen
gebiet) und unterem Walde (Ilzgebiet), eine Eintheilung, welche offenbar
nur hydrographische Bedeutung hat.
Neben den ziemlich zahlreichen Bächen bemerken wir namentlich in den
rerebneten Niederungen eine endlose Menge kleinerer Weiher. Be-
sonders zeichnet sich die Tirschenreuter Gegend, die Niederung des Boden-
wöhrer= und Chamer Beckens in dieser Beziehung aus. Die für Wasseran-
stauungen an sich geeigneten flachen Gegenden, die geringe Ertragsfähigkeit des
Bodens, endlich der früher starke Begehr nach Fischen mag nicht wenig dazu
beigetragen haben, die Anzahl von natürlichen, kleinen Wasseransammlungen
noch ansehnlich durch künstlich angelegte zu vermehren. Innerhalb des Berg-
lands verdient der jetzt entwässerte Pfrentschweiher seiner Größe und Lage
wegen besonders hervorgehoben zu werden.
Eigentlichen Bergseen begegnet man nur zu höchst im Gebirge; sie sind
meist im Umfange klein, aber von bedeutender Tiefe, mit dunklem Wasser er-
füllt und zeigen in Mitte des düsteren Schwarzwaldes gelegen Nichts von der
Lieblichkeit unserer grünen Alpenseen. Auch entbehren sie oft fast jedes organi-
schen Lebens. Die bemerkenswerthesten Gebirgsseen sind der große und kleine
Arbersee, der Rachel= und Ossasee.
Wir haben hier noch ein Wort über die Natur des Wassers unseres
Waldgebirgs hinzuzufügen. Jedem, der den Wald betritt, muß hier die
dunkle, kaffeebraune Färbung fast sämmtlicher Bäche auffallen. Zwar sind
die Quellenwässer an ihrem ersten Ursprungsorte noch nicht von solcher dunk-
ler Farbe, sondern hell und rein; aber schon nach wenigen hundert Schritten
ihres Laufes zeigen sich, namentlich wenn sie Lohen oder Auen berühren, die
Spuren brauner Tinten, die sich zusehends verstärken. Dieses auffallende
Kolorit der Bäche erklärt sich daraus, daß das Wasser bei seinem Fließen
durch die alkalienreichen Urgebirgsgesteine (Gneiß, Granit) Alkalien in Lösung
nimmt, und daß dieser Gehalt an Alkalien dem Wasser die Fähigkeit verleiht,
humusähnliche Stoffe mit brauner Farbe aufzulösen und aufzunehmen. Da
nun nicht nur Torf, sondern jeder Acker= und Waldboden dem durchziehen-
den Wasser humusähnliche Stoffe darbieten, so ist die Allgemeinheit dieser
Vasserfärbung im Walde ebenso leicht begreiflich, wie charakteristisch.
Oberflächengestaltung. Unser Gebiet ist ein von vielfachen, meist
nicht sehr tiefen, in der Sohle schmalen und engen Thälern durchschnittenes
Gebirgsland mit flachen und abgerundeten Berggehängen. Daher erscheint das
ostbayerische Grenzgebirge, von einem Höhenpunkte betrachtet, als ein ein-
förmig wellenartig unebenes Bergland, dessen höchste Kämme selbst wegen
ihrer abgerundeten Formen aus dem Hügelmeere nur wenig vortreten, oft
nur als aufgesetzte Platten und Köpfe erscheinen. Nur wenige nackt auf-
ragende Felsen schließen sich zu größeren pittoresken Gruppen und Riffen zu-
sammen, wie am Ossa, Düllen, in den Keitersbergen und im Dreisesselgebirge;