Full text: Bavaria. Landes und Volkskunde des Königreiches Bayern.

Die Eagen der Oberpfalz. 223 
mentlich der östlichen Oberpfalz, um neun oder zehn Uhr des Nachts der 
„Hußaus“ geläutet zur Erinnerung an jene schweren Zeitläufte. Die Greuel 
des Schwedenkrieges blieben lange nicht so zähe im Gedächtniß des Volkes 
haften. In der Oberpfalz spielt der Hussite die Rolle, welche in Altbayern 
dem Schweden zugetheilt ist. Das hat auch seinen naheliegenden Grund in 
der bereitwilligen Aufnahme, welche seinerzeit die neue Lehre in einem großen 
Theile der Oberpfalz und bei seinen Territorialherren gefunden hat. — 
Außer den Reminiszenzen an große geschichtliche Ereignisse, wovon wir 
im Vorstehenden nur vereinzelte Beispiele zu geben vermochten, knüpft sich 
noch ein großer Reichthum sagenhafter Ueberlieferungen an einzelne hervor- 
ragende Adelsgeschlechter, wie jene der Grafen von Kastel und Sulzbach, der 
Amerthaler (Babenberge), Hirschberge, Leuchtenberge u. a. Schier jedes 
Städtchen wahrt hievon seinen Theil. Sulzbach leitet seine Entstehung von 
dem Grafen Gebhard von Chastelin (Kastel) ab, der sich einst auf der Jagd 
in die damals noch unwirthsame Gegend verirrt haben soll. Im dichten Ge- 
hölze am Fuße des Schloßberges traf er auf einen Rudel Wildschweine, von 
denen er eines erlegte. Davon habe er dem frischen Quellbache, der vorbei- 
sprudelte, den Namen „Süczelpach“ gegeben, und als ihn auf der Platte des 
Hügels eine lustige Fernsicht überraschte, sei ihm der Gedanke gekommen, 
hier ein Schloß zu erbauen, das mit seinen Burgmannen den ersten Keim 
der Stadt Sulzbach bildete. — Eine ähnliche Sage geht um Weiden und Park- 
stein. Der Wald zu Parkstein habe in frühester Zeit den Grafen von Sulz- 
bach gehört. Einer derselben habe auf einer Eberjagd am Fuße des mächti- 
gen Parksteiner Basaltkogels das Ziel seiner Jagd erlegt, und — angelockt 
von der feinen Aussicht in den Nordgau — beschlossen, sich auf demselben 
eine Burg zu erbauen. Also that er auch, und nannte das Schloß „Park- 
stein“ um des Ebers (porcus) willen, der ihm die Fährte zeigte zu dem neu- 
gegründeten Burgstal. Darum hat auch der Markt Parkstein noch heutiges 
Tages ein Wilrschwein, das auf zwei Felstrümmern steht, im Wappen. — 
Märchenhafter klingt die Sage von der Gründung des Stammschlosses der 
Amerthaler. Riesen haben es erbaut gleichzeitig mit dem zwei Stunden ent- 
fernten Schlosse Rosenberg, und haben sich beim Baue die Hämmer einander 
zugeworfen. — Das Städtchen Schwandorf hat in seinem Wappen unter dem 
halben Pfälzer Löwen im schwarzen Felde einen Kniestiefel im weißblauen 
Rautenfelde. Pfalzgraf Friedrich von Neuburg soll nämlich einstmals außer 
der Stadt zunächst dem Kreuzberge, wo ehedem allenthalben mooriges Land 
gewesen, so daß die dortigen Wiesen noch heutiges Tages „am Fischsee“ 
heißen, ein Paar badende Dirnen aus der Naab haben steigen sehen. Da ge- 
lüstete es dem hohen Herren, die Jungfrauen näher zu beschauen. Also ging 
er querfeldein auf dieselben zu und gerieth unversehens so tief in den Sumpf, 
daß er schier versunken wäre, wenn nicht ein Paar Bürger, die draussen am 
Felde arbeiteten, sein Gebreste bemerkt und ihn glücklich gerettet hätten. Einen
	        
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