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224 Oberpfalz u. Regensburg.
seiner Reiterstiefel aber mußte der Herzog dem trügerischen Moore zum
Pfande lassen, da er im Schlamme stecken blieb. Dafür erhielten ihn die
Schwandorfer in ihr Wappen zu Dank und Gedächtniß der Hilfe, die sie
dem hohen Herrn gebracht. —
Nicht minder reich als über die Entstehung der Städte und ihrer Si-
gille Bedeutung sprudelt der Märchenquell, der uns Kunde gibt von dem
theilweisen oder völligen Untergange oberpfälzischer Ortschaften. Cham —
erzählt die Sage — sei einst so groß gewesen, daß Chammünster in idessen
Mitte lag, und Velburg habe sich bis an den Fuß des Hollensteines aus-
gedehnt, eine Viertel Wegesstunde länger denn jetzt. Das Dorf Wischlburg bei
Pfatter soll weiland eine große blühende Stadt mit Namen Rosenheim ge-
wesen sein. — Westlich von Kalmreut in der Pfarrei Floß ist eine Flur, heißt
Aigen, darauf stund vor Alters eine Stadt gleichen Namens, von der jetzt
keine Spur mehr vorhanden. — Im Röthelweiher ist eine Stadt versunken.
Noch hört man hie und da nächtlicher Weile die Glocken in der Tiefe läu-
ten, und in heiligen Zeiten steigt sie gegen den Wasserspiegel empor, so daß
der Thürme Spitzen darüber hinaus ragen. — Ein Ausläufer der Hügelkette
an der fränkischen Gränze, etwa eine Stündlein nördlich von Eschenbach gegen
die Waldnaab zu, führt den Namen „Miega“ oder „Megga“. Auf der
Hochfläche desselben — so erzählt man sich allenthalben in der Umgegend —
stund dereinst eine mächtige Stadt gleichen Namens, und noch neuerer Zeit
stößt der Bauer beim Umgraben häufig auf Baustücke, auf Reste von Grund-
mauern, Pfählen und Klammern. Man sagt, es sei das die Residenz des
Noricus, des ersten Noriskerfürsten gewesen. — Auf der Platte des hohen
Tillen bei Neualbenreuth im Fraischgebiete blinkten einst vor vielen Jahrhun-
derten die Thürme der Tillenstadt. Das war — so geht die Sage —
der Sitz eines verderbten und verkommenen Geschlechtes. Unter den Töchtern
des Landes war aber eine einzige, fromme, adelige Maid, die auf der Eltern
Geheiß einen reichen aber gottlosen Grafen zum Altare geleiten mußte. All-
bereits war das Hochzeitmal zugerichtet, da suchte die Braut noch die Ein-
samkeit des nahen Waldes auf, um ungestört ihren bekümmerten Gedanken
nachhängen zu können. Wie sie so einher wandelt, erscheint ihr der Berg-
geist des Tillen in Gestalt eines schönen Jünglings, tröstet sie und geleitet
sie zurück an den Waldsaum. Hier treffen sie die suchenden Diener und kün-
den es dem Grafen, wie ihnen seine Angetraute im Geleite eines jungen
Mannes in den Weg gekommen. Die Dirne wird des Ehebruchs angeklagt,
zum Tode verurtheilt und zur Richtstätte geführt. Im entscheidenden Augen-
blicke aber erscheint der Berggeist, der Jungfrau Unschuld bezeugend. Die
Richter jedoch achteten deß nicht und der Schwerdtstreich fiel. Da sprach der
Geist den Fluch aus über die Stadt und ihr heillos' Geschlecht; Finsterniß
fiel nieder auf die Hochfläche; der Tillen wankte; die Erde spaltete sich und
die Tillenstadt versank in ihre Tiefen! In der Charwoche, während die