238 Oberpfalz u. Regensburg.
Die Holzfräulein (Waldfräulein, Waldweiblein) sind kleine, kaum drei
Fuß hohe Geschöpfe; die Farbe ihres Gesichtes und Gewandes ist grau
wie Moosrinde; sie spinnen auch ihr Garn aus dem „Baummies“. Sie
waschen sich das Gesicht mit dem Thau, der sich am Morgen in den Frauen-
mäntelchen vorfindet; den Leib ziehen sie durch den Thau der Wiese und
trocknen sich mit Wollmoos ab. Sie leben in der Ehe und bekommen Kinder.
Die Verheiratheten wohnen in hohlen Bäumen. Den Menschen sind sie nicht
ungeneigt; dagegen haben sie an den Holzhetzern ihre unerbittlichen Feinde.
Von diesen werden sie rastlos verfolgt, und — sobald sie ihrer habhaft geworden —
in der Luft zerrissen. Doch wachsen die Stücke immer wieder zusammen.
Wenn Einer beim wilden Gjoid frevelte, sind ihm schon Fleischstücke von einem
zerrissenen Holzfräulein von den vorbeisausenden Holzhetzern in's Haus ge-
worfen worden.
Die beständige Gefahr, in welcher die Holzfräulein leben, macht sie zag-
haft und trübselig. Sie führen darum auch in der Oberpfalz den Namen:
„Klagweiblein, Klagmutterl“. In ihrer Noth wenden sie sich an den Men-
schen. Im Holzbühl, einem Schlag bei Breitenstein, kam einst zu einem Hotz-
hauer ein Waldfräulein und sagte zu ihm: „Lieber Mann, ich bitte Dich,
schlag doch jedesmal drei Kreuze auf den Stock, so oft Du einen Baum um-
haust. Drauf kann ich sicher ausruhen, und die Holzhetzer können mir nicht
an.“ — Das weiß man in der ganzen Oberpfalz und die Holzhauer thun
auch zumeist darnach. Auf solch einem mit drei eingehauenen Kreuzen ver-
sehenen Strunk ist man auch sicher vor der wilden Jagd.
Die Holzfräulein verkehren mit den Menschen, verrichten, wenn sie ihnen
geneigt sind, ihre Arbeit und erweisen sich überaus dankbar. Derselbe Holz-
hauer von Breitenstein brachte dem Holzfräulein, mit dem er oft zusammen
kam, einmal ein „Ofenküchel“ mit. Es aß einige Brosamen aus der Mitte,
füllte die Lücke mit Sägspähnen aus, und gab also das Küchel dem Manne
wieder zurück. Als er es daheim auseinander brach, fielen drei glänzende
Thaler von altem Gepräge heraus. — Wiederum auf der Breitensteiner Lei-
ten kamen öfter zwei Waldfräulein zu den Graserinen und warnten sie mit
den Worten: „Sagt euere Träume nicht nüchtern und backt an keinem Frei-
tag, dann werdet ihr Glück haben.“
Ein eigenthümlicher Zug geht durch alle Märchen, welche von den Wald-
weiblein erzählt werden. Sie lassen sich für die Arbeit, die sie den Menschen
zu liebe verrichten, nur durch etwas Speise belohnen. Man bietet ihnen
dafür Brod, Kartoffel, Gemüse, niemals Fleisch. Um Luhe wirft man
die Brosamen und Speisereste als Opfer für sie in den Ofen. Anderen
thatsächlichen Dank verschmähen sie nicht nur, sondern man kann sie damit
geradewegs vertreiben. In Windisch-Eschenbach war einmal ein Schuster, bei
dem allabendlich ein Holzfräulein zukehrte. Es putzte und scheuerte das Haus,
gleich einer Magd, und war des anderen Morgens verschwunden. Da wollte