Full text: Bavaria. Landes und Volkskunde des Königreiches Bayern.

844 Schwaben u. Neuburg. 
schwarzen Manchesterweste modificirt und zuletzt durch die allgemeine moderne 
Bauernkleidung in Schwaben verdrängt. 
Bei Frauen und Mädchen bestand die alte Gewandung im Wesentlichen 
in folgenden Stücken: das Hemd zeigte nach abgelegtem Oberkleid beim Tanz 
u. s. w. die langen und weiten Aermel; der Ueberrock war von purpurrothem 
Wollzeug, der Rock („Kittel“) war aus engen an den Hüften dreimal abge- 
nähten Falten aus schwarzem Glanzleinen gefertigt und hatte unten einen 
schmalen Vorstoß von Tuch, aber keine Wulst an der Taille. Oben ist der 
Kittel festgenäht am „Mieder“, das mit langem Leib an der Brust offen 
steht und durch Fischbein gesteift ist. Sein Stoff ist hochrothes Tuch, an 
Brust-, Hals= und Aermel-Rand grün besetzt und vorn und im Rücken mit 
Silberborten, deren Seitenäste unter den Schultern hinlaufen, aufgeputzt. 
Hiezu gehört der herzförmige mit purpurnem Wolldamast überzogene „Latz“, der 
zwischen dem Mieder, an dessen 24 Hacken, mit einer dicken Silberkette ein- 
geschnürt wird, deren eichelgeschmückte Enden vorne niederhangen. Nacken 
und Hals bedeckt das „Göllerle“, ein viereckiger Fleck von buntem Seiden- 
stoff, mit einem breiten weinrothen Band besetzt, über der Schulter von der 
silbernen Gollerkette gehalten, welche um den Leib gewunden vorne herab- 
fällt. Die dunkelblaue mit lichtblauen Blumen gedruckte Leinenschürze wird 
oben fein gefaltet, mit einem breiten hellblauen Seidenband geknüpft. Die 
„Roll-Strümpfe“, zum Putz hochrothwollen, sind aus grober Wolle, ohne 
Socken und ober den Waden in Wülste geschoben. Als Oberkleid wird der 
„Schalk, Schälkle“ getragen, eine Joppe von schwarzem Stoff, „Raiß" (lei- 
nen, mit baumwollenem Eintrag) oder Tuch mit ganz kurzer Taille, an den 
Nähten mit schmalen schwarzen Seidenbänden verziert, Futter und Aermel- 
aufschläge von rothem Tuch; dazu kommt ein schwarzseidnes Halstuch, das 
zum Theil das Unterkinn verhüllt und dessen Enden über den Rücken hinab- 
fallen. Die Haare trugen Alle nach alamannischer Sitte zurückgestrichen und 
in ein Nest gebunden. Die Kopfbedeckung bestand in dem „Schläple“ oder 
„Visir“, einem Stuarthäubchen von schwarzem Seidendamast, ohne Boden, 
mit breiten Spitzen an den Seiten, von einer silbernen Nadel gehalten. 
Verheirathete tragen über dem Haarnest noch ein weißes Spitzenhäubchen; 
zum Putze setzt man zu Seiten dieser kleidsamen Kopfbedeckung eine schwarze 
Bandrose oder einen Filigranknopf und läßt die Schlinge derselben, von 
schwarzem Seidenband, vorn über die Brust niederfallen. Zur Kirche trägt 
man über dem Visir den „Schattenhut“ von schwarzem Filz, im Sommer 
von Stroh, mit zollhohem flachen Gupf und sieben Zoll breiter am Rande 
abwärts gebogner Krempe. Dieser Hut, den eine Schnur mit Quasten ziert, 
sitzt auf dem Vorderhaupt und wird um das Kinn festgebunden; alte Frauen 
setzen im Winter zwischen Hut und Visir noch eine niedre Pelzhaube von 
Marder= oder Otterbräm mit grünem oder blauem Sammtboden und ge- 
kreuzten Sammtschnüren („Buttenmannskappen"). Seit zwanzig Jahrer aber
	        
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