Full text: Handbuch der Deutschen Verfassungen.

Bayern. 97 
des versammelten Staatsraths, und nach vorgängiger Entschädigung, 
wie solches in der Verordnung vom 14. August 1815 bestimmt ist 1). 
§ 92). Jedem Einwohner des Reichs wird vollkommene Gewissens- 
Freyheit gesichert; die einfache Haus-Andacht darf daher Niemanden, 
zu welcher Religion er sich bekennen mag, untersagt werden. 
Die in dem Königreiche bestehenden drey christlichen Kirchen- 
Gesellschaften genießen gleiche bürgerliche und politische Rechte. 
ie Bekenner der unirten sowohl, als der nicht unirten griechischen 
Kirche genießen mit den Bekennern der in dem Königreiche bereits 
verfassungsmäßig bestehenden drey christlichen Kirchen-Gesellschaften 
gleiche bürgerliche und politische Rechte. 
Die nicht christlichen Glaubens-Genossen haben zwar vollkommene 
Gewissens-Freyheit; sie erhalten aber an den Staatsbürgerlichen 
Rechten nur in dem Maaße einen Antheil, wie ihnen derselbe in den 
organischen Edicten über ihre Aufnahme in die Staats-Gesellschaft zu- 
gesichert ist. 
Allen Religionstheilen, ohne Ausnahme, ist das Eigenthum der 
Stiftungen und der Genuß ihrer Renten nach den ursprünglichen Stiftungs- 
Urkunden und dem rechtmäßigen Besitze, sie seyen für den Cultus, den 
Unterricht oder die Wohlthätigkeit bestimmt, vollständig gesichert. 
Die geistliche Gewalt darf in ihrem eigentlichen Wirkungs-Kreise 
nie gehemmt werden, und die weltliche Regierung darf in rein geistliche 
Gegenstände der Religions-Lehre und des Gewissens sich nicht einmischen, 
als in soweit das Obersthoheitliche Schutz= und Ausfsichts-Recht eintritt, 
wonach keine Verordnungen und Gesetze der Kirchen-Gewalt ohne vor- 
gängige Einsicht und das Placet des Königs verkündet und vollzogen 
werden dürfen. 
Die Kirchen und Geistlichen sind in ihren bürgerlichen Handlungen 
und Beziehungen — wie auch in Ansehung des ihnen zustehenden Ver- 
mögens den Gesetzen des Staats und den weltlichen Gerichten unter- 
geben; auch können sie von öffentlichen Staatslasten keine Befreyung 
ansprechen. 
Die übrigen nähern Bestimmungen über die äußern Rechts-Ver- 
hältnisse der Bewohner des Königreichs in Beziehung auf Religion 
und kirchliche Gesellschaften, sind in dem der gegenwärtigen Verfassungs- 
Urkunde beygefügten besondern Edicte enthalten (Beylage II). 
§10 2). Das gesammte Stiftungs-Vermögen nach den drey Zwecken 
des Cultus, des Unterrichts und der Wohlthätigkeit, wird gleichfalls unter 
den besondern Schutz des Staates gestellt; es darf unter keinem Vor- 
wande zu dem Finanz-Vermögen eingezogen, und in der Substanz für 
andere, als die drey genannten Zwecke ohne Zustimmung der Be- 
1) Tit. IV § 8 Abs. 4, die Zwangsenteignung betreffend, wurde ergänzt resp. ab- 
geändert durch die Gesetze vom 17. November 1837, 28. Mai 1852 (3 Gesetze), 10. November 
1861 (2 Gesetze), 10. Juli 1865, 20. März 1869, 29. April 1869, 24. März 1872, 15. April 
1875, 8. August 1878, 29. Mai 1886 und 29. Mai 1887. 
) Tit. IV 5 9 Abs. 3 beruht auf dem Gesetze vom 1. Juli 1834. 
*) Modifikationen des Tit. IV F 10 enthalten die beiden Städteordnungen vom 
29. April 1869, die rechtsrheinische im Art. 67, die pfälzische im Art. 51. 
Stoert= v. Kauchhaupt, Handb. d. deutschen Verfassungen.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.