Bremen. 155
8 14. Jeder hat das Recht, sich mit Bitten und Beschwerden schrift-
lich an die zuständigen Behörden zu wenden. Dieses Recht kann sowohl
von Einzelnen als gemeinschaftlich von Mehreren ausgeübt werden. —
Auf die bewaffnete Macht findet diese Bestimmung nur insoweit An-
wendung, als die militärischen Disziplinarvorschriften es gestatten.
Auf solche Bitten und Beschwerden sind auf Verlangen die Bescheide
schriftlich zu erlassen. Bescheide, wodurch Beschwerden zurückgewiesen
werden, sind mit Gründen zu versehen.
l15. Jedem, der sich durch eine Verwaltungsmaßregel in seinen
Privatrechten gekränkt glaubt, steht der Rechtsweg offen.
5 16. Vereine zu gemeinsamer Wirksamkeit, sowie Versammlungen
in geschlossenen Räumen zu friedlichen Zwecken und ohne Waffen stehen
nach Maßgabe des Gesetzes allen Staatsangehörigen frei.
* 17. Alle Staatsangehörigen sind gleich vor dem Gesetze.
Der Staat kennt bei seinen Angehörigen keinen Adel an.
Titel, Amter, Würden und Auszeichnungen, die einem Bremer von
Seiten eines anderen Staats oder einer Behörde desselben erteilt sind,
werden nicht anerkannt, es sei denn, daß die Annahme derselben aus-
drücklich vom Senate genehmigt wäre. Auch in diesem Falle werden
dadurch keinerlei Befreiungen, Vorzüge oder Ansprüche vor anderen
Staatsangehörigen begründet.
5 18. Jeder Staatsangehörige ist unter Voraussetzung der gesetzlich
erforderlichen Eigenschaften zu jedem Amte wählbar.
Das Eigentum und sonstige Privatrechte sind unverletzlich.
Eine Abtretung, Aufgebung oder Beschränkung derselben zum all-
gemeinen Besten kann nur gegen gerechte Entschädigung in den durch
das Gesetz bestimmten Fällen und Formen verlangt werden.
Alle gutsherrlichen und ähnlichen Grundlasten und Gefälle sind ab-
lösbar nach näherer Bestimmung des Gesetzes.
J 20. Im Fall eines Krieges, Aufruhrs, Tumults oder sonstiger
Umstände, welche die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährden,
kann der Senat die in diesem Abschnitte über Verhaftung, Haussuchung,
Preßfreiheit, Versammlungs= und Vereinsrecht enthaltenen Bestim-
mungen und die in Bezug darauf erlassenen Gesetze zeitweilig außer
Kraft setzen. Er hat jedoch der Bürgerschaft davon unverweilt Mit-
teilung zu machen, und tritt eine jede desfallsige Anordnung mit Ablauf
von vier Wochen ohne weiteres außer Kraft, sofern nicht innerhalb solcher
Frist die Bürgerschaft einer längeren Geltung derselben beistimmt.
Dritter Abschnitt.
Von dem Senat und der Bürgerschaft.
I. Organisation des Senats.
##21 0. Der Senat befteht aus achtzehn Mitgliedern. Von den
Mitgliedern des Senats müssen zehn dem Stande der Rechtsgelehrten
angehören und fünf Kaufleute sein. Die übrigen drei dürfen dem
Stande der Rechtsgelehrten nicht angehören.
Neufaffung durch Gesetz vom 4. November 1909.