Full text: Handbuch der Deutschen Verfassungen.

6 Deutsches Reich. 
Mehrzahl getrennter Urkunden: Verträge und Protokolle, ruhte. Diese 
Zerstreuung der Rechtsgrundlagen des politischen Zustandes in Deutsch- 
land erschien als ein Ubelstand und die Zusammenfassung der in den 
verschiedenen Urkunden enthaltenen Verfassungsbestimmungen in einem 
einzigen Dokumente daher als ein Bedürfnis. Dem am 21. März 1871 
in Berlin versammelten ersten deutschen Reichstage wurde der Entwurf 
eines Gesetzes, betreffend die Verfassung des Deutschen Reiches zur 
verfassungsmäßigen Beschlußnahme vorgelegt, welchem eine einheitliche 
Redaktion der „Verfassungsurkunde für das Deutsche 
Reich“ beigefügt war. Der Reichstag hat sowohl den neu redigierten 
Entwurf der Verfassungsurkunde als auch das Einführungsgesetz unter 
Ablehnung sämtlicher Abänderungsmotionen angenommen. Die neue 
Redaktion der Reichsverfassung enthält nur eine neue Bestimmung, 
welche in den bisher erwähnten Dokumenten nicht vorkommt. Es ist 
dies die Vorschrift im Art. 8, nach welcher der durch den Vertrag vom 
23. November 1870 Nr. II §8/6 geschaffene Ausschuß des Bundesrates 
für die auswärtigen Angelegenheiten, außer aus den Bevollmächtigten 
von Bayern, Sachsen und Württemberg, aus zwei vom Bundesrate 
alljährlich zu wählenden Bevollmächtigten anderer Bundesstaaten be- 
stehen soll. Diese Bestimmung ist auf den Wunsch mehrerer Bundes- 
staaten, unter voller Zustimmung der beiden Kontrahenten des Ver- 
trages vom 23. November 1870 getroffen worden. Nicht aufgenommen 
sind die auf die Einführung norddeutscher Gesetze als Bundezsgesetze 
bezüglichen transitorischen Bestimmungen, welche der Art. 80 der mit 
Baden und Hessen vereinbarten Verfassung, der Vertrag vom 23. No- 
vember 1870 unter III ## 8 und der Art. 2 Nr. 6 des Vertrages vom 
25. November desselben Jahres enthält. Diese Bestimmungen gehören 
nicht zum Verfassungsrechte des Reiches und fanden daher ihre richtige 
Stellung in dem Gesetze vom 16. April 1871, durch welches die Ver- 
fassung verkündet worden ist. Dieses Gesetz war zugleich der Ort, um 
die rechtlichen Wirkungen ein= für allemal festzustellen, welche mit der 
Einführung eines norddeutschen Gesetzes als Reichsgesetz verbunden 
sind. Auch die Verabredungen, welche in den Schlußprotokollen vom 
15., 23. und 25. November 1870 und unter Nr. IV des Vertrages vom 
23. November 1870 getroffen sind, haben wegen ihres teils vorüber- 
gehenden, teils erläuternden, teils administrativen Charakters keine Auf- 
nahme in die Verfassung gefunden. Ihre fortdauernde Geltung ist aber 
durch § 3 des Einführungsgesetzes außer Zweifel gestellt. Es erschien 
hier daher angezeigt, dieselben als wesentliche Bestandteile des Reichs- 
rechts der Verfassung anzufügen.
	        
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