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Art. 12. Die Freiheit des religiösen Bekenntnisses, der Ver-
einigung zu Religionsgesellschaften (Art. 30 und 31) und der gemeinsamen
häuslichen und staatsbürgerlichen Religionsübung wird gewährleistet.
Der Genuß der bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte ist un-
abhängig von dem religiösen Bekenntnisse. Den bürgerlichen und
staatsbürgerlichen Pflichten darf durch die Ausübung der Religions-=
freiheit kein Abbruch geschehen.
Art. 13. Die Religionsgesellschaften, so wie die geistlichen Gesell-
schaften, welche keine Korporationsrechte haben, können diese Rechte nur
durch besondere Gesetze erlangen.
Art. 14. Die christliche Religion wird bei denjenigen Einrichtungen
des Staats, welche mit der Religionsübung im Zusammenhange stehen,
unbeschadet der im Art. 12 gewährleisteten Religionsfreiheit, zum Grunde
gelegt.
Art. 15, 16 und 181).
Art. 17. Ueber das Kirchenpatronat und die Bedingungen, unter
welchen dasselbe aufgehoben werden kann, wird ein besonderes Gesetz.
ergehen.
Art. 19. Die Einführung der Civilehe erfolgt nach Maaßgabe eines
besonderen Gesetzes, was auch die Führung der Civilstandsregister regelt.
Art. 20. Die Wissenschaft und ihre Lehre ist frei.
Art. 21. Für die Bildung der Jugend soll durch öffentliche Schulen
genügend gesorgt werden.
Eltern und deren Stellvertreter dürfen ihre Kinder oder Pflege-
befohlenen nicht ohne den Unterricht lassen, welcher für die öffentlichen
Volksschulen vorgeschrieben ist.
Art. 22. Unterricht zu ertheilen und Unterrichtsanstalten zu gründen
und zu leiten steht Jedem frei, wenn er seine sittliche, wissenschaftliche und
technische Befähigung den betreffenden Staatsbehörden nachgewiesen hat-
Art. 23. Alle öffentlichen und Privat-Unterrichts= und Erziehungs-
anstalten stehen unter der Aufsicht vom Staate ernannter Behörden.
Die öffentlichen Lehrer haben die Rechte und Pflichten der Staats-
diener.
Art. 24. Bei der Einrichtung der öffentlichen Volksschulen sind die
konfessionellen Verhältnisse möglichst zu berücksichtigen.
Den religiösen Unterricht in der Volksschule leiten die betreffenden
Religionsgesellschaften.
Die Leitung der äußeren Angelegenheiten der Volksschule steht der
Gemeinde zu. Der Staat stellt unter gesetzlich geordneter Betheiligung
der Gemeinden, aus der Zahl der Befähigten die Lehrer der öffentlichen
Volksschulen an.
Art. 25. Die Mittel zur Errichtung, Unterhaltung und Erweiterung
der öffentlichen Volksschule werden von den Gemeinden und, im Falle
des nachgewiesenen Unvermögens, ergänzungsweise vom Staate auf-
gebracht. Die auf besonderen Rechtstiteln beruhenden Verpflichtungen
Dritter bleiben bestehen.
*) Die Art. 15, 16 und 18 wurden aufgehoben durch Gesetz vom 18. Juni 1875.