Preußen. 275
Der Staat gewährleistet demnach den Volksschullehrern ein festes,
den Lokalverhältnissen angemessenes Einkommen.
In der öffentlichen Volksschule wird der Unterricht unentgeltlich ertheilt.
Art. 26 1). Das Schul= und Unterrichtswesen ist durch Gesetz zu
regeln. Bis zu anderweiter gesetzlicher Regelung verbleibt es bezüglich
des Schul= und Unterrichtswesens bei dem geltenden Rechte.
Art. 27. Jeder Preuße hat das Recht, durch Wort, Schrift, Druck
und bildliche Darstellung seine Meinung frei zu äußern.
Die Censur darf nicht eingeführt werden; jede andere Beschränkung
der Preßfreiheit nur im Wege der Gesetzgebung.
Art. 28. Vergehen, welche durch Wort, Schrift, Druck oder bild-
liche Darstellung begangen werden, sind nach den allgemeinen Straf-
gesetzen zu bestrafen.
Art. 29. Alle Preußen sind berechtigt, sich ohne vorgängige obrig-
keitliche Erlaubniß friedlich und ohne Waffen in geschlossenen Räumen
zu versammeln.
Diese Bestimmung bezieht sich nicht auf Versammlungen unter
freiem Himmel, welche auch in Bezug auf vorgängige obrigkeitliche Er-
laubniß der Verfügung des Gesetzes unterworfen sind.
Art. 30. Alle Preußen haben das Recht, sich zu solchen Zwecken,
welche den Strafgesetzen nicht zuwiderlaufen, in Gesellschaften zu ver-
einigen.
Das Gesetz regelt, insbesondere zur Aufrechterhaltung der öffent-
lichen Sicherheit, die Ausübung des in diesem und in dem vorstehenden
Artikel (29) gewährleisteten Rechts.
Politische Vereine können Beschränkungen und vorübergehenden Ver-
boten im Wege der Gesetzgebung unterworfen werden.
Art. 31. Die Bedingungen, unter welchen Korporationsrechte er-
theilt oder verweigert werden, bestimmt das Gesetz.
Art. 32. Das Petitionsrecht steht allen Preußen zu. Petitionen
witer einem Gesammtnamen sind nur Behörden und Korporationen
gestattet.
Art. 33. Das Briefgeheimniß ist unverletzlich. Die bei strafgericht-
lichen Untersuchungen und in Kriegsfällen nothwendigen Beschränkungen
ind durch die Gesetzgebung festzustellen. »
Art. 34. Alle Preußen sind wehrpflichtig. Den Umfang und die
Art dieser Pflicht bestimmt das Gesetz.
Art. 35. Das Heer begreift alle Abtheilungen des stehenden Heeres
und der Landwehr.
Im Falle des Krieges kann der König nach Maaßgabe des Gesetzes
den Landsturm aufbieten.
Art. 36. Die bewaffnete Macht kann zur Unterdrückung innerer
Unruhen und zur Ausführung der Gesetze nur in den vom Gesetze be-
ten Fällen und Formen und auf Requisition der Civilbehörde ver-
wendet werden. In letzterer Beziehung hat das Gesetz die Ausnahmen
u bestimmen.
—
1) Art. 26 neu gefaßt durch Gesetz vom 10. Juli 1906.
18“