Full text: Handbuch der Deutschen Verfassungen.

296 Reuß ä. L. 
Das vorbeschriebene Verfahren kommt auch rücksichtlich der in Folge 
der Auflösung eines Landtags neu gewählten Abgeordneten und Stell- 
vertreter in Anwendung. 
Für die Ausgeschiedenen sind von der betreffenden Wahlgenossen- 
schaft andere Abgeordnete und Stellvertreter zu wählen, bezüglich vom 
Landesherrn zu ernennen. 
Wird vor Ablauf der sechsjährigen Wahlperiode die Stelle eines 
Abgeordneten oder Stellvertreters durch Todesfall oder auf andere 
Weise erledigt, so hat die Landesregierung sofort eine neue Wahl zu ver- 
anstalten. 
Der Gewählte tritt in jeder Hinsicht, insbesondere auch rücksichtlich 
der Dauer seines Mandats, an die Stelle seines Vorgängers. 
§55. Zur Ausübung des Wahlrechts wird erfordert: 
das Staatsbürgerrecht, 
Erfüllung des 25sten Lebensjahres, 
Unbescholtenheit des Rufs, 
Besitz eines eigenen Hausstandes, 
Entrichtung einer direkten Steuer. 
#§56 1). Das Wahlrecht steht daher denen nicht zu, 
1) welche sich aus irgend einem Grunde unter Curatel befinden; 
2) über deren Vermögen der Konkurs eröffnet ist, während der 
Dauer des Konkurses; 
3) welche eine Armenunterstützung aus öffentlichen Mitteln be- 
ziehen Oder im letzten der Wahl vorhergegangenen Jahre bezogen haben; 
4) welche sich in Straf= oder Untersuchungshaft befinden; 
5) welche begangener Pflichtwidrigkeiten halber des Rechts zur 
Ausübung öffentlicher Amter oder der Rechtsanwaltschaft verlustig ge- 
gangen oder von öffentlichen Amtern suspendirt worden sind, im letzteren 
Falle auf die Dauer der Suspension; 
6) welche direkte Steuern nicht entrichten oder damit über zwei 
Jahre im Rückstande sind; 
7) welche des Rechts zum Wählen für verlustig erklärt worden 
sind. (§ 57.) 
#57. Wer bei den Wahlen Stimmen erkauft, seine Stimme ver- 
kauft oder dieselbe mehr als einmal bei der für einen und denselben 
Zweck bestimmten Wahl abgegeben oder auf die Wahlen Anderer durch 
Anwendung rechtswidriger Mittel einzuwirken gesucht oder als Beamter 
seine Stellung zur Einwirkung auf die Wahlen gemißbraucht hat, ist 
— abgesehen von der etwa nach dem Strafgesetze verwirkten Strafe — 
auf desfallsigen Antrag für eine Zeit von vier bis zwölf Jahren durch die 
zuständige Gerichtsbehörde seines Wahlrechts für verlustig zu erklären. 
*58. Wer wahlberechtigt ist, ist auch wählbar, falls er das 3oste 
Lebensjahr zurückgelegt hat. 
5 59. Der Gewählte darf die auf ihn gefallene Wahl nur aus 
erheblichen Gründen ausschlagen. 
1) Neufassung des § 56 Nr. 2, 4, und 5 durch Gesetz vom 21. Dezember 1911.
	        
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