Full text: Handbuch der Deutschen Verfassungen.

298 Reuß ä. L. 
gekommene Fall das Kennzeichen einer Injurie, Verleumdung oder 
eines andern in den Gesetzen mit Strafe bedrohten Vergehens hat. 
Die Aufrechthaltung der Ordnung in der Ständeversammlung steht 
nach Maßgabe der Geschäftsordnung dem Präsidium zu. Der Landtag 
selbst aber hat das Recht, seine Mitglieder wegen unwürdigen Verhaltens 
auf Zeit oder für immer auszuschließen. Zeitliche Ausschließung kann 
nur durch mindestens zwei Drittheile sämmtlicher Stimmen, gänzliche 
Ausschließung nur mittelst Einstimmigkeit beschlossen werden. 
Gegen erkannte Ausschließung bleibt dem Ausgeschlossenen die Be- 
rufung auf die höchste Landesjustizstelle zur letzten Entscheidung offen. 
Die Abgeordneten sind während der Dauer des Landtags persönlich 
unverletzlich und können, außer dem Falle der Ergreifung auf frischer 
That bei strafrechtlichen Vergehen und in Folge des Wechselverfahrens, 
ohne Zustimmung des Landtags nicht verhaftet werden. 
5* 66. Gesetzentwürfe können nur von dem Landesherrn durch die 
Regierung an den Landtag, nicht von diesem an den Landesherrn ge- 
bracht werden. Der Landtag kann aber auf neue Gesetze sowie auf 
Aufhebung und Abänderung bestehender antragen. Auch darf ohne 
dessen Zustimmung kein Gesetz erlassen, abgeändert oder authentisch 
interpretirt werden. 
§* 67. Der Landesherr erläßt und veröffentlicht die Gesetze mit 
Bezug auf die erfolgte Zustimmung der Landesvertretung; er ertheilt 
die zu deren Vollziehung und Handhabung erforderlichen sowie die aus 
dem Aufsichts= und Verwaltungsrechte fließenden Verfügungen und Ver- 
ordnungen. 
Der Fürst erläßt auch, mit Ausnahme jeder Abänderung der Ver- 
fassung, diejenigen ihrer Natur nach der ständischen Zustimmung be- 
dürfenden Verordnungen, welche durch des Landes Wohl dringend 
geboten sind und deren Zweck durch Verzögerung ganz oder zum Theil 
vereitelt werden würde. Dergleichen Verordnungen müssen jedoch dem 
Landtage bei dessen Zusammentritt zur Genehmigung vorgelegt werden 
und es bleiben dafür, daß des Landes Wohl die Eile geboten habe, die 
Mitglieder der Fürstlichen Landesregierung, welche für die Erlassung 
der Verordnung gestimmt haben, verantwortlich, haben auch deshalb 
sämmtlich dergleichen außerordentliche Verfügungen mit zu unterzeichnen. 
5 68. Zur Ausführung der Beschlüsse des Norddeutschen Bundes ist 
die Zustimmung der Landesvertretung nicht erforderlich, soweit nicht die 
Bundesgesetzgebung etwas Anderes bestimmt. Die hierzu erweislich er- 
forderlichen Mittel müssen aufgebracht werden; es findet jedoch rück- 
sichtlich der Art der Aufbringung die verfassungsmäßige Mitwirkung der 
Landesvertreter Statt. 
5 69. Der Landtag ist verbunden, die vom Landesherrn an ihn 
gebrachten Gegenstände vor allen übrigen in Berathung zu ziehen, wenn 
nicht die Dringlichkeit eines Antrags der Landesvertretung von der 
Staatsregierung anerkannt wird. Wird in Ermangelung dieses An- 
erkenntnisses vom Landtage die Dringlichkeit durch eine Stimmen- 
mehrheit von zwei Drittheilen erklärt, so muß die betreffende Vorlage
	        
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