Full text: Handbuch der Deutschen Verfassungen.

Reuß j. L. 311 
Förderung jeden Nutzens, ohne persönliche Rücksichten, auch ohne alle 
sonstigen Nebenrücksichten nach bestem Wissen und Gewissen in der 
Landtags-Versammlung unterstützen will. 
Fünfter Abschnitt. 
Von den Rechten und Pflichten der Volksvertretung. 
54. Der Volksvertretung stehen im Allgemeinen folgende Rechte zu: 
a. die Mitwirkung bei der Besteuerung, insbesondere das Recht 
der Steuerbewilligung; 
b. die Mitwirkung bei der Ordnung des Staatshaushaltes; sowie: 
C. bei der Gesetzgebung; 
d. das Recht des Gesetzesvorschlages, der Beschwerde, der Adresse, 
sowie der Anklage der Minister. 
Sechster Abschnitt. 
Steuerbewilligung und Finanzverwaltung. 
655. Die Volksvertretung hot die Pflicht, nächst der Ueberwachung 
des gesammten Staatsvermögens, dahin mitzuwirken, daß nicht nur die 
Beiträge der Staatsangehörigen zu dem, was die Verwaltung des Landes 
und das Gemeinwohl erheischt, mit Sparsamkeit gefordert und mit 
Gerechtigkeit vertheilt, sondern auch die gesammten Staatseinkünfte mit 
Genauigkeit und Gewissenhaftigkeit ihrer Bestimmung gemäß verwendet 
werden. 
556. Es soll zu dem Ende der Volksvertretung ein genauer An- 
schlag (Etat) von dem, was zu den Zwecken des Staates in ihren ver- 
schiedenen Beziehungen erforderlich ist, zur Berathung vorgelegt und der 
Bedarf mit ihr gemeinschaftlich geprüft und festgesetzt, die Art, wie 
dieser Betrag aufzubringen ist, mit ihr bestimmt, ohne ihre ausdrück- 
liche Zustimmung keine neue Steuer irgend einer Art ausgeschrieben 
und keine Abgabe, deren Bewilligungsperiode abgelaufen ist, eingefordert 
werden. 
5 57. Es müssen jedoch auch abgelaufene Verwilligungen, insofern 
sie nicht für einen vorübergehenden und bereits erreichten Zweck be- 
stimmt waren, in der Zwischenzeit bis zur verfassungsmäßigen Periode 
des nächsten Landtages und nach Eröffnung des Landtages bis zur 
Bestimmung des neuen Finanzetats und zur Feststellung der zu dessen 
Deckung erforderlichen Mittel fortgesetzt werden. 
Jedoch darf diese weitere Erhebung nicht über die nächste Finanz- 
periode hinausgehen, indem dann unbedingt die Bewilligung der Volks- 
vertretung nothwendig wird. 
§58. Die Bewilligungen der Steuern dürfen von der Volksver- 
tretung nicht an die Bedingung der Erfüllung bestimmter, das Budget 
nicht betreffender Anträge geknüpft werden. Sie kann jedoch immer 
eine vollständige Uebersicht und Nachweisung der Staatsbedürfnisse und 
der Staatseinnahmen fordern. 
g 59. Sind die Staatsregierung und die Volksvertretung über den 
Finanzetat und die zu dessen Bestreitung für die nächste Finanzperiode
	        
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