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Achter Abschnitt.
Ueberwachung der Verwaltung.
8 76. Die Volksvertretung ist berechtigt, Mißbräuche, welche der-
selben in den verschiedenen Zweigen der Verwaltung bekannt werden,
zur Abhülfe anzuzeigen.
77. Es soll derselben über die Beschwerden, welche theils durch
die Abgeordneten, theils durch Eingaben Anderer zur Sprache kommen,
auf Verlangen vollständige Auskunft ertheilt und es soll jede solche von
der Volksvertretung vorgebrachte Beschwerde mit Genauigkeit und Sorg-
falt untersucht und derselben, soweit sie begründet befunden wird, ab-
geholfen werden.
78. Einzelne, Vereine und Korporationen können sich nur dann
mit Beschwerden über erlittene Rechtsverletzung an die Volksvertretung
wenden, wenn sie die gesetzlichen und verfassungsmäßigen Wege, um
bei den Landesbehörden eine Abhilfe ihrer Beschwerden zu erlangen,
vergeblich eingeschlagen haben.
79. Beschwerden und Bitten dürfen weder von Privatpersonen,
noch von Vereinen, noch von Korporationen persönlich überreicht, sondern
sie müssen an das Landtagsdirektorium entweder unmittelbar oder durch
ein Mitglied der Landtagsversammlung eingebracht werden.
Neunter Abschnitt.
Bestimmung über die Ausübung der, der Volksvertretung zustehenden
Rechte durch den Landtag.
# 80. Die der Volksvertretung zustehenden Rechte werden, mit
Ausnahme der im Abschnitt X. dem Landtagsausschusse übertragenen
besonderen Rechte und Befugnisse, ausschließend von derselben im Land-
tage ausgeübt.
81. Der Landtag soll regelmäßig alle drei Jahre im Monat
Januar 1) und außerdem so oft es zur Erledigung dringender und
wichtiger Landesangelegenheiten von der Staatsregierung, sei es nach
eigenem Ermessen, sei es auf Antrag der Volksvertretung, für nöthig
befunden wird, einberufen werden.
5 82. Die Anordnung der Zusammenberufung des Landtags ergeht
durch den Fürsten.
5 83. Jeder einberufene Abgeordnete ist verpflichtet, der erhaltenen
Einladung zu Folge am Tage vor Eröffnung des Landtags persönlich
zu erscheinen und seine Anwesenheit bei dem Ministerium zu melden.
6 84. Ist ein Abgeordneter verhindert, dem Landtage beizuwohnen,
so hat er sein Ausbleiben dem Ministerium schriftlich so zeitig anzuzeigen
und zu entschuldigen, daß sein Stellvertreter noch zur rechten Zeit ein-
berufen oder nöthigenfalls eine neue Wahl angeordnet werden kann.
*s 85. Ein Beamteter, welcher zum Volksvertreter gewählt ist, bedarf
keines Urlaubs; es genügt eine bloße desfallsige Anzeige bei der vor-
gesetzten Behörde.
1) An Stelle im Monat Oktober seit Gesetz vom 7. Mai 1910.