114 Bayern.
genügt haben, sofort in die Kammer und behalten in derselben bis zur
Ungiltigkeitserklärung ihrer Wahl Sitz und Stimme.
Abgeordnete, deren Wahl beanstandet ist, dürfen in Beziehung auf
ihre Wahl alle ihnen nöthig scheinenden Aufklärungen geben, nicht aber
an der Abstimmung über diese Wahlbeanstandung Theil nehmen.
Art. 6. Sobald die Anwesenheit einer beschlußfähigen Anzahl
von Mitgliedern einer Kammer festgestellt ist, wählt dieselbe und zwar
die Kammer der Reichsräthe ihren zweiten 1) und die Kammer der Ab-
geordneten ihre Präsidenten. Die Wahl erfolgt in gesonderten Wahl-
handlungen durch Stimmzettel nach absoluter Mehrheit.
Hat sich eine absolute Mehrheit im ersten Wahlgange nicht ergeben,
so sind diejenigen drei Candidaten, welche die meisten Stimmen erhalten
haben, auf die engere Wahl zu bringen. Wird auch bei dieser Wahl keine
absolute Mehrheit erreicht, so sind diejenigen beiden Candidaten, welche
die meisten Stimmen in der engeren Wahl erhalten haben, auf eine
zweite engere Wahl zu bringen. Tritt in dieser letzten Wahl Stimmen-
gleichheit ein, so entscheidet das Loos. Bei Ausmittelung derjenigen
Candidaten, welche nach den vorstehenden Vorschriften auf die engere Wahl
zu bringen sind, entscheidet bei Stimmengleichheit ebenfalls das Loos.
Auf die Wahl der Präsidenten folgt diejenige der Schriftführer nach
Anleitung der Geschäftsordnung, bei Stimmengleichheit entscheidet auch
hier das Loos.
Von der vollzogenen Zusammensetzung des Directoriums gibt jede
Kammer dem Gesammtministerium und der andern Kammer Nachricht.
Sodann bestellt jede Kammer die nach den Bestimmungen eines
Gesetzes oder der Geschäftsordnung erforderlichen Ausschüsse oder Ab-
theilungen.
Abtheilung II.
Polizei im Sitzungsgebäude. Registratur-, Kanzlei= und übriges= Dienst-
personal der Kammer. Ausgaben.
Art. 7. Während der Dauer der Versammlung gebührt jeder
Kammer die Polizei in ihrem Sitzungsgebäude und wird in ihrem Namen
ausschließend von dem Präsidenten nach den Bestimmungen der Ge-
schäftsordnung ausgeübt. ·
Den Präsidenten der Kammern wird zu diesem Zwecke eine Militär-
wache zur Verfügung gestellt.
Art. 8. Die Präsidenten der Kammern sind verpflichtet, die
Ruhe in den Sitzungen aufrecht zu erhalten, Zeichen des Beifalles und
der Mißbilligung den Zuhörern nicht zu gestatten, nöthigenfalls jeden
derselben, welcher die Ruhe der Sitzungen in irgend einer Weise stört,
aus dem Sitzungssaale wegzuweisen und nach Umständen an die zuständige
Behörde abführen und eintretenden Falls die Gallerien räumen zu lassen.
Im Falle der Räumung der Gallerien kann die Sitzung bis zur Er-
schöpfung der Tagesordnung fortgesetzt werden.
1) Der erste Präsident der Kammer der Reichsräthe wird von dem Könige für die
Dauer eines jeden Landtages ernannt. Gesetz vom 28. Mai 1852. Einziger Artikel.