Full text: Handbuch der Deutschen Wahlgesetze und Geschäftsordnungen.

Vorwort. 
in frischer Zug der Neuerungen ist seit dem Beginn dieses Jahr- 
hunderts durch das Verfassungsleben der deutschen Einzelstaaten 
gegangen. Große Anderungen, insbesondere rücksichtlich der Zusammen- 
setzung der Landesvertretungen haben Platz gegriffen, und mit ihnen 
ergingen neue Landtagswahlgesetze: in Braunschweig 1899, Baden 1904, 
Lübeck 1905, Hamburg 1906 (für die Bürgerschaften), Württemberg und 
Bayern 1906, Sachsen-Weimar (1906 und) 1909, Oldenburg 1909, Hessen 
und Elsaß-Lothringen 1911, Anhalt, Reuß j. L. und Reuß . L. (1867) 
1913; und Neuredaktionen der alten Wahlgesetze fanden statt in Sachsen- 
Coburg und Gotha (1852) 1904, Schaumburg-Lippe (1868) 1906, Lippe 
(1876) 1912, Schwarzburg-Sondershausen (1856) 1912, außerdem sei 
auch der Gesetzgebung in Preußen vom Juni 1906 gedacht. Die Ent- 
wicklung ist damit nicht abgeschlossen 1), wie die Verhandlungen des 
Reichs und Preußens (zum geheimen, direkten und allgemeinen gleichen 
resp. zum öffentlichen, indirekten und ungleichen Dreiklassen-Wahlrecht) 
in der letzten Session zeigten; auch die beiden Mecklenburg werden endlich 
dem Geist der Zeit ihren Tribut darbringen müssen. 
Neuerungen haben in jüngster Zeit auch die Geschäftsordnungen 
erfahren, besonders wichtige zum Thema Abstimmungsverhältnisse, so 
beim Bundesrat 1911. Sachsen-Coburg und Gotha erhielt 1908 eine 
ganz neue Geschäftsordnung, Braunschweig und Schwarzburg-Sonders- 
hausen 1912, Anhalt und Hessen 1914; eine Neuredaktion wurde in Olden= 
burg (1853) 1900 durchgeführt. Die tralatizischen autonomen Geschäfts- 
ordnungen sind dabei nicht mit aufgezählt. Die Entwicklung der Geschäfts- 
ordnungen ist naturgemäß eine langsamere als die der Wahlgesetze, doch 
sind weitere Korrekturen schon in Aussicht genommen für den Reichs- 
tag, Lippe-Detmold und Hamburg (Bürgerschaft). 
Die Kernpunkte der konstitutionellen Verfassungen — die An- 
1) Interessant ist das erstmalig im April 1914 veröffentlichte Programm des Vereins 
„Reichswahlreform“ zwecks Heranziehung der Kolonialdeutschen und der seit dem Staats- 
angehörigkeitsgesetz vom Juli 1913 dem Deutschtum erhalten bleibenden Auslands- 
deutschen im Wege der Listenwahl.
	        
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