IV Vorwort.
erkennung der Volksvertretung als Faktor der Gesetzgebung, ihre Zu-
sammensetzung und Wahl — waren ursprünglich meistens in den ver-
schieden benannten Staatsgrundgesetzen selbst behandelt. Die durch
mancherlei politische oder wirtschaftliche Ursachen bewirkten Abänderungen
in der Art dieser Zusammensetzung 2c. wurden leider nicht immer durch
entsprechende Textänderungen der Grundgesetze selbst verdeutlicht, sondern
sehr oft wurden nur die älteren Bestimmungen des Grundgesetzes einfach
für aufgehoben erklärt, und die neue Regelung in Gestalt eines dem
Erundgesetz beigeordneten Gesetzes erlassen, so daß jetzt in den meisten
Staaten Fundamentalsätze der Konstitution nicht blos in der offiziellen
Verfassungsurkunde stehen, sondern vielfach in den Landtags= und Wahl-
gesetzen, vereinzelt auch in den Geschäftsordnungen, zu suchen sind, da-
neben auch in separaten Initiativ-, Ministerverantwortlichkeits-, Etats-
und sonstigen Spezialgesetzen.
Wahlgesetze und Geschäftsordnungen finden sich in allen Staaten;
auf sie war unser besonderes Augenmerk gerichtet, und ihr vergleichendes
Studium hat einen besonderen Reiz, denn in buntem Durcheinander
finden sich in ihnen Fundamentalsätze des Staatsrechts neben bloßen
Kanzleiregeln; viel Treffendes und viel Uberflüssiges, beides gleich
interessant, als Resultat politischer Kraftproben und von dem Gesichts-
punkte aus, was gesagt und was nicht gesagt worden ist. Jede Lösung
dieses perpetuum mobile Problems will das Heil bringen, und jede
Zeitrichtung ist vertreten: das indirekte und das direkte Wahlrecht; das
Einstimmen= und das Mehrstimmenrecht; das gleiche und das potenzierte
Stimmrecht, zu letzterem die Sonderwahlklassen der Hoöchstbesteuerten
und das Dreiklassenwahlrecht mit seiner ungleichen Drittelung der Wähler
entsprechend der gleichen Drittelung ihrer Gesamtsteuern; Freiheit der
Kandidatennennung und Listenwahl; Gleichheit des Anfangstermins für
die Ausübung des Wahlrechts und für die Wählbarkeit oder Hinausschieben
des letzteren; Abgrenzung der Wahlbezirke mit Rücksicht auf eine gleiche
oder unverhältnismäßig ungleiche Wählerzahl. Die Menge der hier
möglichen Kombinationen und Variationen ist überraschend, und ganz
besondere Gründe müssen vorliegen, wenn zwischen zwei Staaten noch
eine größere Ahnlichkeit in der Zusammensetzung der Landtage und ihrer
Wahl besteht. Eine gewisse Vereinheitlichung wäre vielleicht nicht außer-
halb des Bereiches der empfehlenswerten Möglichkeiten zu setzen.
Mit Rücksicht auf diese Mannigfaltigkeit und die oben zitierten zahl-
reichen Neuordnungen und Abänderungen der Wahlgesetze und Geschäfts-
ordnungen schien es nicht überflüssig, zur wissenschaftlichen Vervoll=
ständigung der 2. Auflage des Stoerkschen Handbuchs der deutschen Ver-