Geschäftsordnungen. 691
und gegebenenfalls vor dem Berichterstatter oder Antragsteller (§ 56
Abs. 1) zu erteilen; zunächst nach ihm erhalten auf Verlangen diese das
Wort zur Entgegnung. Die Ausführungen der Redner haben sich auf
die Frage, ob die sachliche Entscheidung der Kammer unterbleiben soll,
zu beschränken.
Der Antrag, über eine Vorlage der Regierung oder der Zweiten
Kammer zur Tagesordnung überzugehen, ist unzulässig.
Der Antrag, über eine Eingabe zur Tagesordnung überzugehen,
ist als Antrag auf Ablehnung des darin gestellten Gesuchs anzusehen.
60. Der Präsident nimmt an der Verhandlung nur insoweit
teil, als es die Ordnung ihres Ganges und die Leitung der Beratung
und Abstimmung erfordert. Will er, als Mitglied der Kammer, an der
Debatte vollständig Anteil nehmen, so tritt er den Vorsitz seinem Stell-
vertreter ab; er leitet jedoch auch in diesem Fall die Abstimmung.
§* 61. Die Verhandlungen sind mündlich. Nur die Minister und
Königlichen Kommissare, die Berichterstatter und im Fall des § 56 Abs. 1
die Antragsteller haben die Befugnis, schriftliche Vorträge in der Ver-
sammlung zu verlesen.
62. Der Redner darf von niemand unterbrochen werden. Nur
der Präsident wird, wenn ein Redner von der Sache abschweift oder
sich gegen die Ordnung verfehlt, sei es nach eigenem Ermessen, sei es
auf Anregung eines Mitglieds, dies bemerken und den Redner nötigen-
falls auf die Sache zurückweisen oder zur Ordnung rufen.
Ist das eine oder das andere in der nämlichen Sitzung zweimal ohne
Erfolg geschehen, so kann der Präsident dem Redner unter Zustimmung
der Kammer das Wort entziehen oder, wenn es ihm nicht gelingt, die
Ordnung herzustellen, die Sitzung für aufgehoben erklären.
Wer dem Rufe des Präsidenten Folge leistet, dem wird auf sein Be-
gehren vom Präsidenten das Wort erteilt, um sich rechtfertigen zu können.
5* 63. Wenn ein Mitglied seine Stellung in der Kammer zu einer VWit
Beleidigung oder Verleumdung der Regierung, der Stände oder einzelner
Personen mißbraucht, so hat die Kammer dies zu rügen, und der Präsident
hat hiezu sofort das Nötige einzuleiten.
# 64. Wenn kein Redner sich mehr zum Wort meldet, so schließt
der Präsident die Debatte. ·
lbrigens steht jedem Mitglied frei, darauf aufmerksam zu machen,
daß die Debatte erschöpft sei. Auf Anfrage des Präsidenten oder auf
Antrag eines Mitglieds kann die Kammer — vorausgesetzt, daß die
Berichterstatter und Antragsteller (§ 56 Abs. 1, §§ 58 und 59) sowie der
Vertreter der Regierung auf ihr Verlangen zum Wort gekommen sind —
jederzeit sich für den Schluß der Beratung entscheiden. Berichterstatter
oder Antragsteller (6 56 Abs. 1) sind aber auf ihr Begehren jedenfalls
noch zum Wort zuzulassen. Auch sind persönliche Bemerkungen nach
dem Schluß der Debatte noch gestattet.
Wenn ein Regierungsvertreter noch nach dem Schluß der Debatte
oder nach einer persönlichen Bemerkung eines Mitglieds das Wort er-
greift, so gilt die Debatte aufs neue für eröffnet.
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