Geschäftsordnungen. 711
2. Behandlung der einzelnen Verhandlungsgegen=
stände.
Vorlagen.
45. Die erste Beratung über Gesetzentwürfe ist auf eine allgemeine
Erörterung über die Grundsätze der Vorlage zu beschränken. Diese all-
gemeine Besprechung kann getrennt nach Abteilungen der Vorlage durch-
geführt werden.
In der zweiten Beratung wird über jede einzelne selbständige Be-
stimmung (Artikel, Paragraph, Titel) und die Abschnittsüberschriften der
Reihenfolge nach, zuletzt über Einleitung, Schluß und Ueberschrift der
Vorlage die Beratung eröffnet und geschlossen und die Abstimmung
herbeigeführt. Auf Beschluß der Kammer kann die Reihenfolge verlassen,
in gleicher Weise die Beratung über mehrere selbständige Bestimmungen
verbunden oder über einzelne Teile einer selbständigen Bestimmung ge-
trennt werden. Die Frage der Verbindung oder Trennung kann im Laufe
der Beratung wiederholt zur Beschlußfassung gestellt werden, falls nicht
mindestens zehn anwesende Mitglieder dem Antrag widersprechen. Ist
einer selbständigen Bestimmung der Vorlage eine Anlage beigefügt, so
erstreckt sich die Beratung und Beschlußfassung über die selbständige Be-
stimmung auch auf deren Anlage.
Bei der zweiten Beratung umfangreicher Vorlagen kann sich der
Präsident vom Haus die Ermächtigung erteilen lassen, die von ihm auf-
gerufenen Einzelbestimmungen ohne Eröffnung und Schließung der Be-
ratung, sowie ohne besondere Abstimmung für angenommen zu erklären,
falls Wortmeldungen nicht vorliegen, Abänderungsanträge nicht gestellt
sind und eine besondere Abstimmung nicht verlangt wird.
Am Schluß der zweiten Beratung wird über die Vorlage im ganzen
abgestimmt. Hat die Vorlage durch die Beschlüsse zweiter Beratung eine
Abänderung erfahren, so werden die gefaßten Beschlüsse unter Mitwirkung
des Berichterstatters zusammengestellt. Alsdann erfolgt auf Grund dieser
Zusammenstellung ohne Erneuerung der Beratung die Gesamtabstimmung.
Zulässig sind Bemerkungen über die Richtigkeit der Zusammenstellung,
sowie Anträge auf Verbesserung der Fassung.
Auf die Beratung der abweichenden Beschlüsse der Ersten Kammer
finden die Vorschriften der Absätze 2 bis 4 entsprechende Anwendung.
Werden durch die Verhandlungen die Beschlüsse der zweiten Lesung nicht
verändert, so bedarf es keiner wiederholten Abstimmung über dieselben
Für die Beratung und Beschlußfassung über den Hauptetat gelten
die Bestimmungen des § 181 der Verfassungsurkunde in der Fassung
des Gesetzes vom 16. Juli 1906 Artikel 26. 4
* 46. Von Mitgliedern oder Ausschüssen der Kammer dürfen Gesetz-
entwürfe über Auflegung von Steuern, Aufnahme von Anlehen, Fest-
stellung des Staatshaushalts oder außerordentliche, im Etat nicht vor-
gesehene Ausgaben nicht eingebracht werden. Auch können Ausgabeposten
nicht über den Betrag der von der Regierung vorgeschlagenen Summe
erhöht werden. Verfassungsurkunde § 172 in der Fassung des Gesetzes
vom 23. Juni 1874 Artikel 6.