Wahlgesetz. 735
§ 7. Die Berufung der Wahlberechtigten zur Wahl erfolgt durch den
Bürgermeister mindestens acht Tage vor dem Wahltag mittels ortsüblicher
Bekanntmachung. Die Bekanntmachung muß den Raum, in dem die
Wahl stattfindet, Tag, Stunde und Dauer der Wahl und, falls die Ge-
meinde in Stimmbezirke eingeteilt ist, deren Abgrenzung bezeichnen.
Die Wahl dauert mindestens vier Stunden und höchstens acht Stun-
den; sie darf nicht vor 10 Uhr Morgens beginnen, der Schluß muß späte-
stens auf 6 Uhr Abends festgesetzt werden.
Der Wahltag muß ein Sonntag sein.
§ 8. Das Wahlrecht wird in Person durch Abgabe eines Stimm-
zettels in eine abgeschlossene Wahlurne ausgeübt. Die Wahlurnen sollen
den im Verordnungswege zu erlassenden Normatiobestimmungen ent-
sprechen.
Jeder Stimmzettel muß von weißem Papier sein, darf kein äußeres
Kennzeichen aufweisen und ist von dem Wähler in einem mit amtlichem
Stempel versehenen Umschlag, der sonst kein Kennzeichen haben darf,
abzugeben.
§ 9. Die Wahl sowie die Ermittlung des Wahlergebnisses erfolgt
öffentlich.
§* 10. Gewählt ist, wer im Wahlkreis die meisten Stimmen und zu-
gleich mehr als die Hälfte der abgegebenen gültigen Stimmen erhalten hat.
Soweit sich keine solche Stimmenmehrheit ergibt, findet am siebenten
Tage nach der Hauptwahl eine Nachwahl statt. Gewählt ist bei der Nach-
wahl, wer die meisten gültigen Stimmen erhalten hat. Bei Stimmen-
gleichheit entscheidet das Los.
& 11. Wird die Wahl abgelehnt oder für ungültig erklärt oder scheidet
ein Mitglied während der Wahlperiode aus, so findet sofort eine Ersatz-
wahl statt.
Bei einer Ersatzwahl, die innerhalb eines Jahres nach einer Wahl
stattfindet, für welche die Wählerliste neu aufgestellt war, bedarf es einer
neuen Aufstellung der Wählerliste nicht.
§5 12. Den Aufwand für die Anfertigung der Wählerlisten und Aus-
weiskarten und die Bereitstellung und Ausrüstung des Wahlraums tragen
die Gemeinden; alle übrigen durch die Wahlen entstehenden Kosten trägt
die Staatskasse. ·
§13.SoweitdaSWahlverfahrennichtdurchdiefegGefetzfestgestellk
worden ist, wird es durch Kaiserliche Verordnung (Wahlordnung) geregelt.
Die Wahlordnung sowie die Wahlkreiseinteilung (§ 1 Abs. 4) können
nur durch Gesetz abgeändert werden. 4 »
§14.DiefeSGesetztrittmitdemTagefeiner Verkündung in Kraft.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und bei-
gedrucktem Kaiserlichen Insiegel.
Gegeben Neues Palais, den 31. Mai 1911.
(L. S.) Wilhelm.
von Bethmann Hollweg.