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Koͤniglich-Baierisches
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Regierungsblat t.
XXI. Stück. München, Sonnabend den 3z3. Mai 1807.
Allgemeine Verordnungen.
(Die Erläuterung des K. 446. des Gesezbuches
über Verbrechen betreffend.)
Wir Maximilian Joseph,
von Gottes Gnaden König von Baiern.
Wir haben aus dem Berichte Unserer ober-
sten Justizstelle in Ulm vom 36. April dieses
Jahres ersehen, welche Anstände sich über die
Anwendung des F. 446. des Gesezbuches über
Verbrechen, und zwar hinsichtlich der Frage
ergeben haben:
„ Ob, wenn eine Person von Abel, ein
„ Mitglied der Landstände 2c. in eine Krimi-
5 nalstrafe verurtheilt worden, welche den
?0 Verlust des Standes, und der Würde zur
b„gesezlichen Folge hat, die §. 446. angeerd-
n nete Einsendung des Urtheils erster Instanz
„aan das Obergericht blos den Zweck habe,
„ um von den geeigneten Behörden des Ver-
r urtheilten die vorldusige Entsezung von
?. Stand und Würde zu erholen; oder, ob
aodiese Einsendung zugleich eine Revision des
Urtheils erster Instanz vor Einholung der
„. Degradation norhwendig begründe ?
Zur Besenigung dieser Anstände, und zur
Erläuterung und näheren Bestimmung des
gedachten V. 44. eröffnen Wir euch hiemit:
1. Wenn das wider Personen vorzüglichen
Setandes erkannte Strafurtheil nicheschon ver-
mög der F. 433.434 und 135. bestimmten Vor-
aussezungen zur Revision des Obergerichts ge-
eignet ist, so kann die bloße Standeseigenschaft
des Verurtheilten dieselbe nicht begründen,
und es ist das Obergericht zur Bestätigung.
oder Milderung eines solchen Urtheils niche
berechtiger, außer, wenn dagegen das Rechts-
mittel des Rekurses eingewendet worden ist.
Es soll daher
2. in dem F. 46. vorausgesezten Falle
das in erster Instanz gesprochene Erkenntniß
vor der Einsendung an das Obergericht
dem Verurtheilten publizirt, und erst, wenn
dieser dem Rekurse ausdrücklich, oder still-
schweigend entsage, oder auch den Rekurs
dagegen ergriffen hat, an das Obergeriche
eingefendet werden, welches sodann bei niche
ergriffenem Rekurse ohne weitere Revision des
Ureheils, ei eingewendeten Rechtsmitteln hin-
gegen erst alsdann die Degradation von der
geeigneten Behörde einzuholen hat, wenn kn
zweiter Instanz das erste Urtheil bestätigee,
oder zwar gemildert, jedoch ebenfalls auf
eine Strafe erkannt worden ist, welche nach
. 33. den Verlust des Standes, oder der
Würde zur Folge hat.