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Zweitens find durch die Worte des Grundgesebes, in welchem Ihro Koͤnigl. Hoheit das Recht auf Fteyheit der
Presse ausgesprochen und gesetzlich begrundet haben, keineswezs diejenigen frühern Gesetze aufgehoben worden,
welche sich auf die Presse, auf den Druck, ale ein Mittel zu Rechtsverletzungen, entweder ausdrücklich bozo-
gen oder nach den Regeln von der Stellung eines gegebenen Falles unter das Gesetz darauf bezogen werden
konnen.
Wer wird z. B. behaupten, dah ein Hochverrath unsträflich sei, wenn er durch die Presse begangen wird?
Wer mag behaupten, daß 9. 125 des Grundgesthes seldst nicht zur Anwendung kommen könne, wenn der
Versuch, die Verfassung heimlich zu unrergraben, oder gewaltsam aufzulssen, durch den Mißbrauch der Presse
gescheben seyn sollte?
Tuch provisorische Verfügungen des Richkers können gerechtfertigt werden, sobald durch den Mißbrauch
der Presse ein Fall gegeben wird, in welchem provisorische Verfügungen um des Gemeinwohles willen, oder
um der Rechte Einzelner willen, durchaus nothwendig und darum überhaupt rechtlich find.
Mit tiefem Schmerz haben die Mitglieder des Landständischen Vorstandes cs in Erfahrung gebracht, daß
gegen die hier ausgesprochenen Grundsäbe von elnigen Unterthanen Ihro Kéönigl. Hoheit, sey es im Jrrehum,
oder im bösen Willen, gehandelt worden sepn soll, daß durch die Presse auch in dem Umfange des Grosher=
zogthums Dinge geschehen sevn sollen, welche der gemeinen Meinung von Recht und Unrecht offenbar entge-
gen sind, welche den Wahn, daß man Freiheit für Frechheit zu nehmen habe, begründen, und dadurch dem
hohen Gute geféhrlich werden könnten, welches Ihro Königl. Hohelt dem unter Höchstdero Regierung so
glücklichem Lande sichern wollten. Das Grundgesetz vom 5. Mui 1816 vorordnet §. 63
„dafern dem Vorstande ein das allgemeine Beste betreffender Gegenstand, dessen Ausführung auf schon
„vothandenen Gesetzen beruht, so diingend scheint, daß solcher bis zu der nächsten Zusommenkunfe
„der Landständischen Abgeordneten nicht wohl ausgesebt werden möchte, so hat der Vorstand davon sofort
„bei dem Regenten Anzeige zu machen,“
und die ganze Stellung des Landsténdischen Vorstandes verlangt es, daß derselbe das Gemeinwohl immer
im Auge behalten und für solches handeln solle.
So wenig es nun in dem Willen Ihro Königl. Hoheit liegen kann, die Freiheit der Presse in Höchskdero
Landen gefährdet zu sehen, so wenig Höchstdieselben der freien Gedankenbewegung im Volke wilkkührliche
Schranken seben werden, so kräftigen Schutz die Freiheit der Rede in dem Grosherzogthum Sachsen-Wei-
mar-Eisenach unter den Bedingungen sinden muß, unter welchen sie rechtlich überhaupt vertheidigt und
gesichert werden mog, so dringend scheint auch die Aufforderung zu seyn:
daß wirkliche Rechtsverletzungen, welche durch den Mißbrauch der Presse gescheben, von den Justiz-
behörden mit Strenge, jedoch schon darum, weil dieses unter Beobachtung der gesetlichen Formen am
gewissesten möglich ist, unter genauer Beebachtung der geseblichen Formen, geahndet, und überhaupt als
ein Gegenstand behandelt werden, der die eschterliche Thäárigkeit von Amtswegen in Anspruch nimmt.
Auch Injurien (wofür jedoch die freimüthigen Beurtheilungen von Geisteswerken an sich nie zu halten
sind) Beleidigungen des Einzelnen, welche durch die Presse, also durch bleibende Zeichen, begangen und
verbreitet werden, gehören dahin, insoweit nicht in dem gesebenen Falle die Ausflucht der Wahrheit den Begriff
der Injurie aufheben und mithin jeder Untersuchung und Bestrafung entgegen treten könnte
Wenn man in andern Staaten nicht so streng ist, wenn dort unter dem Schutze der Cenfur Verleumdun-
gen, wie sie in Bezug auf Ereignisse in hiesigem Lande in der beleidigendsten Form vergekommen sind, unge-
straft verbreitet werden, wenn dort unter dem Schute der Censur ungestraft Schmhschriften erscheinen, so
darf dieses keinen Einfluß haben auf das Verfahren der Weimarischen Behörden.
Indem der Landsländische Vorstand dieses gegen Ihro Königl. Hoheit ausspricht, glaubt er nur von ei-
nem iem durch die Worte des Grundgesetes ertheiltem Rechte Gebrauch gemacht, glaubt er eine durch die
ihm gesbene Stellung ihm aufgelegte Verbindlichkeie erfüllt zu haben.
Er ist glücklich in der Ueberzeugung, daß seine Gesinnungen die Gessnnungen des ganzen Landtags, daß
ed Gesinnu#en sind, welche unter den wohlthatigen Wirkungen einer gerechten Verfassung in dem ganzen Vol-
bke immer lebesdig bleiben werden.
Uebrigens fa#t ber getreue Landständische Vorstand noch ven Antrag M#nzu:
dag es Ihro Königl. Hoheit gefällig sepn möge, dem Landtaoge bei seiner nichsten Zusammenkunft in
diesem Jahre den vollendeten Entwutf zu kinem Preßgesetze vor##egen zu lassen, bamit der Gesammtwicle
des Fürsten und des Volkes über dlesen wichtigen Gegenstand in der Form #ines eigenen positiven Ge-
see zur allgemeinen Beruyigung ausgespeochen und bekanmt gemacht werdr,