Beylage zu No. 6. des Regierungs-Blatts. 99
Beylage v.
Entwurf
eines Gesetzes über die Ablösbarkeit der
Zwangs-Gesinde-Dienste.
g. 1.
Alle Gesinde-Zwangsdienste, welche bisher
an die Großherzogliche Kammer= oder an Pri-
vat-Güther, auf den Grund von Gesetzen,
Erbregistern, Verträgen oder Herkommen per-
sönlich geleistet wurden, sind ablösbar.
8. 2
Bis zu Ende des Jahres 1823. steht
es den Betheiligten frey, wegen Abloͤsbar-—
keit der Zwangsdienste einen Vertrag unter
sich abzuschließen.
Nach jedesmaligem Abschluß eines solchen
aber ist derselbe sofort zur Kenntniß der im 8.
5. bestimmten Behoͤrde zu bringen, welche letz-
tere da, wo Lehngüther betroffen sind, an den
Lehnhof und sonst bedenklichen Falls an die
ldandes-Direction zu berichten hat.
Eben so steht es während derselben Zeit
sowohl dem Dienstberechtigten als dem Dienst-
pflichtigen frep, bey der im F. 5. benann-
ten Behörde auf Ausmittelung der Entschá-
digung fur die Abléösung, und darauf anzu-
tragen, daß von dieser Behörde, nach erfolg-
ter Ausmittelung, Versuche gemacht werden,
einen Vertrag im Wege des Vergleichs zwischen
den Betheiligten zu Stande zu bringen.
Die angerufene Behörde ist verbunden,
das Geschäáft sogleich vorzunehmen, und
wird bey dessen Unterlassung den Oberbe-
hörden deshalb verantwortlich.
8. 3
Sobald die Meh00 der Dienstpflichti-
gen in einem Orte sich, nach legaler Zu-
sammenberufung sämmtlicher Betheiligten,
unter Aufsicht der Behörde, mit den Dienst-
berechtigten über die Bedingungen der Ab-
lösung vereiniget hat, so wird dieser Verein
für die nicht Einwilligenden dennoch verbind-
lich. Die Behörde hat letzteren dies legal
zu eröffnen, und die Akten einzusenden.
S. 4.
Mit dem iten Januar 1824. tritt die
8. 5. bestimmte Behoͤrde ohne weitern An—-
trag der Betheiligten, amtlich in der Art
ein, daß sie selbst gegen den Willen — sey
es der Dienstleistenden, sey es der Dienst-
empfangenden, — das Verfahren beobach-
tet, wie es die F. 9. 6. (unter Zahl 2.) 7
8. . vorzeichnen, und dadurch festsetzt, welche
Entschädigung die dienstempfangende Herr-
schaft zu erhalten hat. Erklären sich die auf-
geforderten Dienstleistenden dennoch nicht, ob
sie Ablösung durch Kapital, oder durch Erb-
zins vorziehen ? so tritt die letztere ein.
. 5.
Die Behörde, bey welcher die F. 2. er-
wähnte Anzeige von den Betheiligten zu
machen ist, unter deren Leitung die Vereini-
gung erfolgen soll, (F. 2.) und welche nach
4. amtlich eintritt, soll bestehen in dem
Landrathe und dem Justizamte des Bezirks,
welche deshalb hiermit Auftrag empfangen,
und wenn es des Erstern eigene Besitzung be-
träfe, mit in dessen amtlichen Stellvertre-
ter. Die Direction der Abten hat das Be-
zirks-Justizamt zu übernehmen, da die Be-
rathung von Rechts-Punkten fast überall
nothwendig seyn wird.
S. 6.
Diese Behörde hat
1) geschlossene Privat-Vereine zu den Ak-
ten zu nehmen, zu prüfen, sie berichtlich
anzuzeigen;
2) aufgefordert, dergleichen Vereine zu er-
mitteln, oder bepy amtlichen Einschreiten
ohne Aufforderung folgendes Verfahren zu
beobachten.
Sie muß nämlich gerichtlich ermitteln
und juridisch feststellen:
#) Wer hat überhaupt Zwangsdienst auf
das fragliche Guth zu leisten?